Wahrer Luxus kommt aus Sachsen! Meine Fahrt im edlen Horch 430
Zwickau - Ich gebe zu: So oft wurde wie an diesem Tag ich noch nie fotografiert. Tausende winkten mir zu. Aber wenn ich ehrlich bin: Ich war nur Staffage in einem größeren Film - als Mitfahrer im weltweit einzigen erhaltenen Horch 430 auf der 21. Sachsen-Classic-Rallye. Dank des August-Horch-Museums durfte ich, TAG24-Redakteur Bernd Rippert (64), in der Startnummer 1 vorausfahren.
Horch war vor 90 Jahren die Krönung automobiler Baukunst. Als die 8- und 12-Zylinder-Schiffe in den 20er- und 30er-Jahren in unglaublicher Ruhe über die Straßen rollten, bekam Mercedes kein Bein auf die Erde. Wahrer Luxus wurde in Zwickau gebaut.
"Das ist eben Zwickau", sagt Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) bewundernd. Er darf in der Sonne die Sachsen-Start-Flagge schwingen, als ich vorbei gleite. Hinter dem besten Horch-Fahrer der Welt, Thomas Stebich (52), der seit fast zehn Jahren das August-Horch-Museum leitet. Neben ihm der Fördervereinsvorsitzende und Audi-Entwickler Ronny Tolliszus (55), der mit seinen Karten den Weg weist.
Erste Aufgabe ist es, vom Platz der Völkerfreundschaft zwischen all den jubelnden Menschen den Weg zur Kartbahn Mülsen zu finden. Doch zum Glück stehen an den wichtigen Kreuzungen insgesamt fast 50 Helfer in neongelben Leibchen und zeigen den Weg. Manchmal sind es auch grüne Schilder.
"2500 Umdrehungen im ersten Gang. Dann knackt das Getriebe." Die Gangschaltung ist gewöhnungsbedürftig. 1, 2, 4, 3 steht auf dem H. Noch gewöhnungsbedürftiger ist das Armaturenbrett mit Rolltacho und dem kleinen Hebel am Steuer für "Handgas".
Drei Liter Hubraum mit 65 PS
Zum Glück regnet es nicht. Thomas Stebich kennt zwar jedes Detail am Horch-Motor, aber nicht den Schalter für die Wischer. Eine Zeichnung verrät: Es ist der kleine Zugschalter unten links.
Das Armaturenbrett ist innen das einzig sichtbare Blech. Bewundernd ziehe ich an der Kordel mit Bommel zum Festhalten, streiche über die Chromkurbel für die Fensterheber, blinzle auf die geflügelte Weltkugel am Ende der langen Motorhaube. Und staune über die Kraft des Motors.
Die Rallye-Aufgaben unterwegs sind ein Klacks für den 92 Jahre alten Horch. 40 Meter in zwölf Sekunden? Thomas Stebich muss jedes Mal vor der zweiten Lichtschranke scharf bremsen, um nicht zu schnell durchs Ziel zu rollen. Das gilt für alle Aufgaben, im Bergbaumuseum Oelsnitz, auf der Kartbahn, am Sachsenring und im Hof des Horch-Museums.
Horch auf die Kraft von drei Litern Hubraum mit 65 PS. Auf dem Sachsenring, also der echten Rennstrecke, zieht Thomas Stebich durch die Kurven wie ein Rennfahrer. Der Tacho zittert bei 90 Sachen. Das Fahrwerk nicht. "So muss ein Auto gebaut sein", jubelt Ronny Tolliszus.
Ich sitze hinten in den bequemen Sesseln, kann meine Beine lang ausstrecken. Sechs offene Fenster ersetzen die Klimaanlage. Thomas Stebich genießt sichtbar die Fahrt und das Privileg, als Museums-Chef die Nummer 1 zu lenken: "Museumsleitung in Zwickau ist der tollste Job bei Audi - noch vor Vorstandsvorsitzender!"
Titelfoto: privat