Vom Zoodirektor zu einem der renommiertesten Tierfilmer

Sachsen - Was treiben unsere heimischen Wildtiere eigentlich, wenn sie sich mal völlig unbeobachtet fühlen? In einem weltweit wohl einmaligen Projekt hat der sächsische Filmemacher Axel Gebauer über Jahre hinweg 150 versteckte Kameras in der Oberlausitzer Heide-, Teich- und Tagebaufolgelandschaft platziert. Es entstanden tausende spektakuläre Aufnahmen, die man so noch nie gesehen hat und die in der Tierfilm-Branche eine kleine Revolution auslösen können.

Sein Beobachtungsgebiet findet Axel Gebauer direkt vor seiner Haustür. Nicht selten begleitet ihn Hund Akki bei seinen Streifzügen.
Sein Beobachtungsgebiet findet Axel Gebauer direkt vor seiner Haustür. Nicht selten begleitet ihn Hund Akki bei seinen Streifzügen.  © Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski

Bei dem in dieser Woche vergebenen "Naturfilm-Oscar" war Gebauers Film in der Premium-Kategorie unter den vier Nominierten.

Auf einen Hügel, den junge Uhus für erste Flugübungen nutzen, hat sich ein frecher Wolf gestellt und genießt den Fernblick. Er ahnt nicht, dass von hinten lautlos ein großer Muttervogel herangleitet und ihm gleich einen Schlag auf den Hinterkopf setzen wird.

Während Isegrim den Hang hinunterpurzelt, flattert die Beschützerin davon. Wäre ein Kameramann vor Ort gewesen, hätte sich diese Begebenheit vielleicht nicht ereignet.

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Sachsen Nächste Woche Sondierungen? Plötzlich könnte es ganz schnell gehen

Als studierter Verhaltensbiologe hat Axel Gebauer ein Gespür dafür, an welchen Orten man die getarnten Kameras versteckt: Etwa die schmale Stelle, an welcher die Tiere den mit Wasser gefüllten Graben überqueren. Oder am Tümpel für ein genüssliches Schlammbad.

Die eingesäumte Heide, welche Rothirsch-Mütter als Kinderspielplatz auserkoren haben. Gebauer: "Auch Revierförster und Jäger gaben mir Tipps zu Lieblingsorten einzelner Arten."

Zwei Wolfswelpen warten geduldig, bis ihre Mutter etwas Leckeres erjagt hat.
Zwei Wolfswelpen warten geduldig, bis ihre Mutter etwas Leckeres erjagt hat.  © Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski

Mehr als 8000 Tier- und Pflanzenarten im "Land der Tausend Teiche"

Manchmal muss die Kamera gar nicht versteckt sein, um neugierige Tierkinder vor die Linse zu bekommen.
Manchmal muss die Kamera gar nicht versteckt sein, um neugierige Tierkinder vor die Linse zu bekommen.  © Axel Gebauer (8)/kairospress/Ludwig Nikulski

Etwa 50.000 Hektar umfasste sein Beobachtungsgebiet. Die Landschaft wurde vor 400 Jahren durch Teichwirtschaft geprägt und später auf großer Fläche durch den Kohletagebau geschunden und zerstört. Seit über 30 Jahren aber erobert sich die Natur das Gelände mit all ihrer Macht zurück. Die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft wurde 1996 von der UNESCO als Biosphären-Reservat anerkannt.

Am Baum vor einem Teich verputzt ein Reiher einen Fisch. Kurz darauf schnuppert ein Marderhund über diese Stelle. Wenig später folgen ein Wildschwein, ein Fuchs, ein Otter. Der Regisseur verrät, dass die Aufnahmen an verschiedenen Tagen entstanden. Doch so lässt sich die Dichte und das Nebeneinander so vieler Arten, wie man sie nur in wenigen Schutzgebieten findet, erahnen.

Im "Land der Tausend Teiche" gibt es Nachweise von über 8000 Tier- und Pflanzenarten, mehr als 800 davon stehen auf der sächsischen Roten Liste.

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Die versteckten Kameras sind mit Bewegungs- und Wärmesensoren ausgestattet. Nähert sich ein Tier, wird gefilmt - soweit die Theorie. Denn oft löst auch vom Wind bewegte Vegetation die Aufnahme aus.

Etwa alle acht Wochen tauschten Gebauer und seine Mitarbeiter die Akkus und die Speicherkarten aus. Darauf viel Unbrauchbares, aber auch so manche Perle.

Wasser, Wald, Heide - und sehr viele Tiere: In der Teichlausitz fand Axel Gebauer bereits dreimal den Deutschen Naturfilmpreis.
Wasser, Wald, Heide - und sehr viele Tiere: In der Teichlausitz fand Axel Gebauer bereits dreimal den Deutschen Naturfilmpreis.  © Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski
Quietschvergnügt spielen zwei Fischotter miteinander. Gleich kullern sie zum Ufer hinab.
Quietschvergnügt spielen zwei Fischotter miteinander. Gleich kullern sie zum Ufer hinab.  © Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski

Axel Gebauer machte ab 2011 sein Hobby zum Beruf

Die Kinderstube der Wildschweine: Ein nach Mensch riechender Kameramann würde bei dieser Nähe wohl von den Bachen attackiert werden.
Die Kinderstube der Wildschweine: Ein nach Mensch riechender Kameramann würde bei dieser Nähe wohl von den Bachen attackiert werden.  © Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski

Ein Platzhirsch entdeckt in einem Tümpel sein Spiegelbild, senkt sein Geweih und scheint mit dem vermeintlichen Rivalen kämpfen zu wollen. In einer anderen Suhle tobt das Rotwild ausgelassen wie Kinder im Freibad herum. Zwei Fischotter kullern am Ufer spielerisch vergnügt den Hang hinunter.

Bereits mit zwölf wusste der in Döbeln geborene Axel, dass er einmal Zoodirektor werden möchte. Ab 1985 übernahm er den Tierpark Görlitz und gestaltete ihn nach der Wende zu einem der schönsten kleinen Zoos in Deutschland um.

Ab 2011 aber machte er sein Hobby zum Beruf. Als Tierfilmer drehte er im Kaukasus, im Himalaya oder in Arizona. Und immer wieder in seiner Wahlheimat, der Lausitz.

Für "Wildes Deutschland - Die Lausitz" hielt er 2013 erstmals den Deutschen Naturfilmpreis für den "Besten Film" in der Hand. Den erhielt er auch 2021 für "Das geheime Leben der Rothirsche". Bei diesem Projekt wurde die Idee mit den versteckten Kameras geboren, welche in den Zweiteiler "Die geheime Welt der Tiere" mündete.

Für den Teil "Zwischen Wasser und Wald" erhielt er vor wenigen Tagen erneut den Naturfilmpreis, der Teil "Unter Wölfen" räumte im September beim internationalen Green-Screen-Festival den Hauptreis ab.

Ausgelassen tollt das Rotwild in einem Tümpel mit schlammigen Wasser herum - wie Kinder im Freibad.
Ausgelassen tollt das Rotwild in einem Tümpel mit schlammigen Wasser herum - wie Kinder im Freibad.  © Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski

Filmemacher Axel Gebauer hat bereits das nächste Projekt im Visier

Die Mühen der Ebene und auch noch tiefer: Gebauer wartet eine seiner 150 getarnten Kameras. Und bei Familie Wiedehopf gibt es Frühstück.
Die Mühen der Ebene und auch noch tiefer: Gebauer wartet eine seiner 150 getarnten Kameras. Und bei Familie Wiedehopf gibt es Frühstück.  © Axel Bildmontage: Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski (2)

Aus der Laudatio der Naturfilmpreis-Jury: "Der Film liefert faszinierende Bilder und begeistert mit Perspektiven, die wir so nur selten zu sehen bekommen. Die tierischen Protagonisten führen Regie, lösen die Kamera aus und lassen uns in ihre Welt blicken. Dem Regisseur ist mit diesem Film ein großartiges Werk zur Natur vor unserer Haustüre gelungen, über das wir noch lange reden werden."

Nach einer stundenlangen Hatz, welche an mehreren stationierten Kameras vorbei jagt, stellen zwei Wölfe den entkräfteten Hirsch in einem Tümpel und bringen ihn nach langer Zeit zur Strecke. Doch eine Rotte Wildschweine - als Einzeltier auch auf der Speisekarte des Wolfes - vertreibt die beiden und teilt sich genüsslich das Frischfleisch.

Beim weltweit führenden Festival für Naturfilme, dem "Wildscreen" im englischen Bristol, wurde "Zwischen Wasser und Wald" aus über 300 eingereichten Filmen in die Top-Kategorie für den Panda Award, quasi der "Oscar" für Naturfilme, nominiert. Die Jury gab an diesem Donnerstag aber einem anderen der vier verbliebenen Kandidaten den Vorzug.

Das wird Axel Gebauer in seinem Tatendrang nicht bremsen. Sein nächstes Projekt gilt dem faszinierenden "Lebensraum Schilf" - erneut in der Teichlausitz. "Die geheime Welt der Tiere" wird 2025 in der ARD gezeigt.

Info: gebauer-wildphoto.com

Titelfoto: Bildmontage: Axel Gebauer/kairospress/Ludwig Nikulski (3)

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