Gestern noch Lehrling, heute der Chef: Tim (23) rettet eine Dorfbäckerei

Grünberg (Ottendorf-Okrilla) - Mit 16 begann Tim Jacobi (23) seine Bäckerausbildung, vier Jahre später seinen Meister. Aber dass er mit nur 23 Jahren seinen eigenen Bäckerladen leiten würde, hätte er nicht erwartet. Dank ihm kann das kleine Grünberg (nördlich Dresden) seine einzige Dorfbäckerei behalten.

Ab dem Frühjahr soll der Schriftzug an der Fassade erneuert werden. Denn die Bäckerei in Grünberg heißt mittlerweile "Bäckerei Jacobi".
Ab dem Frühjahr soll der Schriftzug an der Fassade erneuert werden. Denn die Bäckerei in Grünberg heißt mittlerweile "Bäckerei Jacobi".  © Thomas Türpe

Als Kind half Tim (stammt aus Haldensleben, Sachsen-Anhalt) beim Plätzchenbacken, mit 14 Jahren buk er Rührkuchen, Torten, Brote.

Er machte eine Ausbildung zum Bäcker, absolvierte seinen Meisterkurs in Grünberg. Schon damals träumte er von der Selbstständigkeit. Vor drei Wochen war es so weit. "Ich liebe meinen Beruf und will helfen, das Handwerk zu bewahren."

Er war Meisterschüler, als sein früherer Chef den Ruhestand plante und einen Nachfolger suchte - Tim ergriff die Chance und hat nun Verantwortung für neun Angestellte.

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Der frischgebackene Bäckerei-Leiter: "Ich habe einen Kredit aufgenommen, um das Gebäude, die Betriebsausstattung und Rohstoffe zu bezahlen. Ich muss jetzt zusehen, dass der Laden anläuft."

Für Tim Jacobi ist sein Bäckerladen so viel mehr: "Ich kann mich hier verwirklichen"

Tim Jacobi (23) hält ein Blech Roggenbrot in den Händen - mit Sauerteig und knuspriger Kruste.
Tim Jacobi (23) hält ein Blech Roggenbrot in den Händen - mit Sauerteig und knuspriger Kruste.  © Thomas Türpe

Seit Tim Geschäftsinhaber ist, steht er rund acht Stunden täglich selbst in der Backstube - nachmittags kümmert er sich außerdem um Bestellungen, Online-Shop, Finanzen und Personal.

Das ist kein Achtstunden-Job, aber er klagt nicht. "Mir gefällt die Abwechslung. Und ich kann mich hier selbst verwirklichen." Etwa neue Rezepte für Berliner mit Glühweinfüllung entwickeln, die schon heute im Laden erhältlich sind.

Die Bezugsquellen für regionalen Honig (aus Grünberg), Quark (aus Schönborn) oder Milch und Eier (aus Seifersdorf) übernimmt der Jungunternehmer aber von seinem Vorgänger. Auch die meisten, teils jahrzehntealten Stollen-, Brötchen-, oder Kuchenrezepte sollen dieselben bleiben.

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Der neue Dorfbäcker will sich im Dorf etablieren, auch Lehrlinge ausbilden. "Ich gehe wahrscheinlich erst in 40 Jahren in Rente. Jetzt geht es erstmal vorwärts."

Ist nur ein paar Jahre jünger als sein Chef: Azubi Nico Wippler (19) aus Dresden.
Ist nur ein paar Jahre jünger als sein Chef: Azubi Nico Wippler (19) aus Dresden.  © Thomas Türpe
Verkäuferin Elke Lucke (65) arbeitet seit 26 Jahren in der Bäckerei - seit drei Wochen heißt ihr Vorgesetzter anders.
Verkäuferin Elke Lucke (65) arbeitet seit 26 Jahren in der Bäckerei - seit drei Wochen heißt ihr Vorgesetzter anders.  © Thomas Türpe

Jährlich machen Dutzende Bäcker zu

Nicht alle Bäckereibetriebe haben so viel Glück wie der in Grünberg.

Das Schicksal der Schließung ereilt jährlich Dutzende der aktuell rund 900 Bäckereien in Sachsen - vor zehn Jahren gab es noch mehr als 1100 im Freistaat.

"Wir verzeichnen seit Jahren einen kontinuierlichen Rückgang der Betriebe in Sachsen. Das hängt mit der industriellen Entwicklung, aber auch mit unseren Essgewohnheiten zusammen", weiß die Geschäftsführerin der sächsischen Bäckerinnung, Manuela Lohse (54).

Weitere Probleme für Handwerksbetriebe sind demnach der demografische Wandel und überbordende Bürokratie. Für den Landesinnungsverband ist der Rückgang bedauerlich.

"Ich würde nicht von einem Bäckereisterben sprechen. Aber natürlich geht mit jeder Schließung Handwerkswissen verloren."

Titelfoto: Montage: Thomas Türpe

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