Viele Proteste gegen Corona-Regeln in Sachsen: Polizisten angegriffen und verletzt

Sachsen - Wegen der angespannten Corona-Lage sind in Sachsen derzeit nur Versammlungen mit bis zu zehn Teilnehmern erlaubt. Trotzdem wurde in den sozialen Netzwerken wiederum zu zahlreichen Protesten aufgerufen und auch am Montag trafen sich erneut in Dutzenden Städten jeweils teils deutlich mehr Menschen als erlaubt.

In Bad Schandau versammelten sich etwa 210 Personen zu Protesten.
In Bad Schandau versammelten sich etwa 210 Personen zu Protesten.  © Marko Förster

In Dresden kam es am Montagabend zu einem Polizeieinsatz wegen eines Autokorsos von Kritikern der Corona-Maßnahmen. Dieser startete gegen 18 Uhr auf der Pieschener Allee. Danach fuhr der Korso mit 130 Fahrzeugen durch die Innenstadt. Ende war gegen 19 Uhr auf der Magdeburger Straße.

Vor dem Rathaus am Dr.-Külz-Ring fanden sich, über den Abend verteilt, etwa 100 Personen ein, die offenbar gegen Corona-Maßnahmen protestieren wollten. Die Beamten forderten die Leute auf, den Bereich zu verlassen.

Auch am Wasaplatz und dem Altmarkt trafen sich jeweils rund 50 Personen und setzten sich kurz darauf in Bewegung. Auch sie wurden von der Polizei auf die derzeit gültigen Covid-Regeln der Regierung hingewiesen. Daraufhin entfernten sich die Beteiligten in unterschiedliche Richtungen.

Im Zusammenhang mit den Protestaktionen führte die Polizei neun Identitätsfeststellungen durch und leitete acht Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen die Sächsische Corona-Notfall-Verordnung ein.

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Weiterhin leiteten die Beamten zwei Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung bzw. Beleidigung ein.

Aufgeheizte Stimmung in Bautzen

In Bautzen eskalierte die Lage, als Demonstranten die Polizeikette durchbrachen.
In Bautzen eskalierte die Lage, als Demonstranten die Polizeikette durchbrachen.

Aufgeheizt war die Stimmung in Bautzen. Dort versammelten sich gegen 18 Uhr etwa 50 Personen auf dem Kornmarkt und formierten sich zu einem Aufzug. Ein Versuch, den Aufzug zu stoppen, misslang, weil die polizeilichen Einsatzkräfte von den Teilnehmern umgangen wurden.

Trotz mehrfacher Hinweise der Einsatzleitung, dass die Versammlung und der Aufzug den derzeit geltenden Regeln widersprechen, wurde der Aufzug fortgesetzt. Aufgrund mehrerer Blockaden der Polizei konnte der Marsch nicht in der ursprünglich geplanten Form stattfinden und musste mehrmals die Richtung wechseln. Teilweise wurden Blockaden gewaltsam durchbrochen.

Zuletzt versammelten sich Teilnehmer auf dem Altmarkt, dort löste sich die Ansammlung allmählich auf.

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Zudem fand auch in Bautzen ein Autokorso statt, der gegen 17.30 Uhr auf dem Schützenplatz startete und etwa 30 Minuten später auf der Tzschirnerstraße endete.

Weiterhin zählte die Polizei sechs noch sechs Versammlungen im Bautzener Stadtgebiet, bei denen die maximal zulässige Teilnehmerzahl von zehn Personen allerdings nicht überschritten wurde.

Unzulässige Versammlungen und unerlaubte Zusammenkünfte

In Görlitz startete die Montagsdemo mit etwa 200 Teilnehmern wieder am Postplatz.
In Görlitz startete die Montagsdemo mit etwa 200 Teilnehmern wieder am Postplatz.  © Danilo Dittrich

Landkreis Meißen

In Großenhain versammelten sich am Abend etwa 80 Menschen auf dem Hauptmarkt. Die unzulässige Protestaktion wurde von der Versammlungsbehörde aufgelöst. Die Beamten stellten die Personalien von 22 Teilnehmern fest, gegen sie wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verstoßes gegen die Sächsische Corona-Notfall-Verordnung eingeleitet.

Weitere Protestaktionen gab es am Abend in Coswig (circa 250 Personen), Meißen (circa 180 Personen), Nossen (circa 70 Personen), Nünchritz (circa zehn Personen), Radebeul (circa 500 Personen), Radeburg (circa 120 Personen), Weinböhla (circa 15 Personen) sowie in Zabeltitz (circa 15 Personen).

Auch hier wurden Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Sächsische Versammlungsgesetz eingeleitet.

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Etwa 270 versammelten sich am Abend im Stadtgebiet in Pirna im Stadtgebiet und liefen in Kleinstgruppen durch die Innenstadt. Die Polizei machte wiederum auf die Corona-Regeln aufmerksam und stellte die Personalien von 23 Personen fest. Gegen sie wurden Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.

Weitere Protestaktionen gab es am Abend in Bad Schandau (rund 210 Personen), Bannewitz (circa 150 Personen), Dippoldiswalde (circa 250 Personen), Geising (circa 50 Personen), Glashütte (circa 100 Personen), Heidenau (circa 100 Personen), Freital (circa 250 Personen), Kreischa (circa 300 Personen), Neustadt in Sachsen (circa 150 Personen), Schmiedeberg (circa 100 Personen), Sebnitz (circa 130 Personen) sowie in Wilsdruff (circa 120 Personen).

Im Zusammenhang mit den Protestaktionen wurden Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Sächsische Versammlungsgesetz eingeleitet.

In Dresden und in den Landkreisen Meißen und Sächsische Schweiz-Ostwaren insgesamt 419 Polizeibeamte im Einsatz. Die Polizeidirektion Dresden wurde von der Sächsischen Bereitschaftspolizei unterstützt.

Ermittlungen auch wegen Bedrohung und Verstoß gegen das Sprenggesetz

Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla (46) kam am Montagabend ebenfalls zum Postplatz in Görlitz.
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla (46) kam am Montagabend ebenfalls zum Postplatz in Görlitz.  © Danilo Dittrich

In den Landkreisen Görlitz und Bautzen registrierte die Polizei mehrere angezeigte sowie nicht angezeigte Versammlungen unter freiem Himmel. Im Einsatz waren mehr als 600 Kräfte der Polizeidirektion Görlitz, die durch die Bereitschaftspolizei des Bundes unterstützt wurden.

Protest-Aktionen, die sich vorgeblich gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen richteten, stellte die Polizei in den Orten Bautzen, Bernsdorf, Bischofswerda, Görlitz, Löbau, Kamenz, Niesky, Ottendorf-Okrilla, Pulsnitz, Radeberg, Rothenburg/O.L., Weißwasser und Zittau fest. Insgesamt zählte die Polizei circa 3900 Teilnehmer.

Die Polizei war an allen festgestellten Versammlungsorten präsent und wies potentiellen Versammlungsteilnehmer auf die Rechtswidrigkeit ihres Handels hin. Aufzüge wurden unter anderem in Hoyerswerda und Weißwasser aufgelöst. Dabei wurden insgesamt 170 Personalien von Teilnehmern erhoben.

In Summe registrierte die Polizei an dem Abend 27 Straftaten und 143 Ordnungswidrigkeiten. Unter den Straftaten finden sich 15 Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, je drei Ermittlungsverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung.

Je einmal wird wegen Bedrohung, Landfriedensbruch, Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, Beleidigung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und wegen eines Verstoßes gegen das Sprenggesetz ermittelt.

Handy von "Querdenker" sichergestellt

Polizeipräsenz gab es auch in Chemnitz.
Polizeipräsenz gab es auch in Chemnitz.  © Sören Müller

Mancherorts wie etwa in Chemnitz war die Resonanz nach ersten Informationen der Polizei deutlich geringer als in den Vorwochen. In mehreren Städten sei es gelungen, die Protest-Züge zu stoppen. So geschehen in Grimma und Markkleeberg (jeweils rund 150 Menschen) sowie Torgau (rund 100 Teilnehmer).

Zudem sammelten sich im Chemnitzer Ortsteil Einsiedel etwa 100 Menschen auf einem Supermarkt-Parkplatz und liefen dann Hauptstraße entlang.

Von etlichen Teilnehmern wurden die Personalien aufgenommen. In Chemnitz wurde außerdem von einem Mann, der der "Querdenker-Szene" zuzuordnen ist, das Handy sichergestellt. Gegen ihn bestehe der Straftatverdacht, dass er in einem Social-Media-Stream zum Aufzug in Chemnitz-Einsiedel aufgerufen habe.

In Freiberg soll ein Mann (57) versucht haben, eine Polizeisperre zu durchbrechen. Er habe einen Polizisten mit der Faust geschlagen und dabei leicht verletzt.

Bezüglich der Proteste in Eilenburg hieß es in einer Polizeimitteilung: "Ein Stoppen des Aufzuges war aufgrund unzureichender Einsatzkräfte nicht möglich." Eine große Personenanzahl habe sich auf dem Marktplatz gesammelt, bis kurz nach 20 Uhr seien in der Spitze bis zu 600 Menschen durch die Innenstadt gezogen.

Auch in zahlreichen Ortschaften in den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen bildeten sich Ansammlungen, die Aufzüge seien zum Teil gestoppt, Identitäten festgestellt und Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen der Verstöße gegen die Sächsische Corona-Notfall-Verordnung erstattet worden.

Demnach trafen sich etwa in Zwenkau und Threnau 50 Menschen, in Wurzen 150, in Böhlen 100, in Markranstädt 100, in Delitzsch 450 und in Oschatz 200.

Friedlicher Gegenprotest

Wegen der extrem hohen Infektionszahlen erlaubt die Corona-Verordnung in Sachsen derzeit nur ortsfeste Versammlungen mit maximal zehn Teilnehmern. Gegner der Corona-Politik versuchen seit Wochen, diese Regelungen mit vermeintlichen Spaziergängen zu unterlaufen. Angeheizt werden die Aktionen von der rechtsextremen Gruppe "Freie Sachsen".

In einigen Städten gab es auch kleinere Versammlungen, die ein Zeichen gegen diese Aufzüge setzen wollten. In Freiberg etwa organisierten mehrere Bundestagsabgeordnete eine Kundgebung unter dem Titel "Vernunft statt Angst".

Die Stadt gehörte in den vergangenen Wochen mit Hunderten Teilnehmern zu den Brennpunkten der Aufzüge am Montagabend.

Titelfoto: Montage: Marko Förster, Danilo Dittrich, privat

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