Po-Grapscher: Sexismus-Affäre erschüttert Sachsens FDP
Dresden - Die Hand eines bekannten FDP-Politikers fährt an den Hintern einer Parteikollegin, er drückt zu. In aller Öffentlichkeit. Für die Betroffene ist es ein klarer sexistischer Übergriff, für den Täter "eine unbedachte Handlung". Hat Sachsens FDP ein Problem beim Umgang mit Sexismus?
Die Fakten: Bei der Kuratoriums-Sitzung der FDP-nahen Wilhelm-Külz-Stiftung am 5. Juli herrscht ausgelassene Stimmung. Besonders bei Tino Günther (59, FDP). Kurz zuvor hatte der von CDU, SPD und FDP unterstützte Kandidat die Landratswahlen im Erzgebirgskreis gewonnen.
Günther selbst hatte im ersten Wahlgang keine Chance. Der Erfinder des "Räuchermännchen-Drosten" ist damals Vorsitzender der Stiftung und sitzt im Landesvorstand der FDP.
"Ja, ich habe ihr im Überschwang bei der Begrüßung an den Hintern gefasst - eine Kurzschlussreaktion", gibt Günther gegenüber TAG24 zu. "Das war Mist und ist nicht zu beschönigen."
Die "unbedachte Handlung, die nicht sexistisch gemeint war" macht der Betroffenen (39) auch heute noch schwer zu schaffen. Ihre Ehrenämter im Landesvorstand und in der Stiftung hat sie inzwischen niedergelegt.
"Ich brauche Abstand", sagt sie und bittet, ihren Namen nicht zu veröffentlichen.
Schweigt sich die FDP über den Vorfall aus?
Dennoch: "Schweigen ist hier nicht richtig." Schweigen ist aber offenbar die Strategie von Anita Maaß (46), FDP-Landesvorsitzende. Auf eine TAG24-Anfrage antwortet sie zwar, verweist aber lediglich auf den "Code of Conduct" der Partei, den Verhaltenskodex.
"Sie werden Verständnis dafür haben, dass vertrauliche Interna, die persönliche Schutzrechte von Personen betreffen, innerhalb des Kreises der Vertrauenspersonen verbleiben", schreibt sie schlicht.
Weil Schweigen alles andere als eine Lösung ist, meldet die Betroffene den Übergriff bei den Vertrauenspersonen im Landesvorstand und auf Bundesebene. Dort ist der Vorfall offenbar noch nicht transparent.
"Uns liegt kein solcher Fall vor", schreibt Alexander Müller (53), einer der Verantwortlichen, aus Berlin. Am Mittwoch dieser Woche wendet sich die Betroffene erneut an den Landesvorstand.
Tino Günther tritt nach Sexismus-Affäre zurück
Donnerstagfrüh trat Tino Günther als stellvertretender Landesvorsitzender der sächsischen FDP zurück. Druck aus der Partei habe er nicht bekommen, sagt er. Auch vom Stiftungsvorsitz sei er inzwischen zurückgetreten.
Bei der nächsten Stiftungssitzung in zwei Wochen will er sich öffentlich entschuldigen, Ortsvorsitzender von Seiffen will er aber bleiben.
Titelfoto: Thomas Türpe