Überall Indianer: Görlitzerin will sich von Spielzeug-Sammlung ihres verstorbenen Mannes trennen

Görlitz - Sie schleichen durch Vitrinen, paddeln in knochentrockenen Pappkisten herum und haben auf dem Dachboden längst das Kriegsbeil ausgegraben - bei der Görlitzerin Kerstin Fiedler (60) sind die Indianer los. Hunderte, vielleicht Tausende, vom Häuptling bis zur Squaw, mit allem Drum und Dran.

Das Lachen lässt sich Kerstin Fiedler (60) nicht nehmen. Und doch ist ihr das viele Spielzeug in der Wohnung einfach zu viel.
Das Lachen lässt sich Kerstin Fiedler (60) nicht nehmen. Und doch ist ihr das viele Spielzeug in der Wohnung einfach zu viel.  © Norbert Neumann

Lauter Spielzeug aus der DDR - eine Sammlung ihres vor Jahren verstorbenen Mannes. Schweren Herzens möchte sich die Görlitzerin nun von den Indianern trennen, doch das ist gar nicht so einfach.

"Schon als Kind hatte mein Mann Münzen, Briefmarken und Zigarettenschildchen gesammelt", weiß Kerstin Fiedler zu berichten. Als Jugendlicher habe Thomas dann das Fotografieren für sich entdeckt - später wurde dies sein Beruf.

"Aber weil ich jetzt mein Hobby zum Beruf gemacht habe, brauche ich halt ein neues Hobby", klärte der Pressefotograf - mittlerweile verheiratet - seine Angetraute in den 80er-Jahren auf. Eine entwaffnende Logik. Und Kerstin Fiedler zog natürlich mit.

Handball im Supermarkt: Warum dieser Verein jetzt in einer Netto-Filiale trainiert
Sachsen Handball im Supermarkt: Warum dieser Verein jetzt in einer Netto-Filiale trainiert

Mit erzgebirgischem Holzspielzeug fing es an. Die Sammlung wuchs. Irgendwann wurde die Wohnung zu klein. Also zogen die Fiedlers, inzwischen eine vierköpfige Familie, innerhalb von Görlitz um. Das neue Haus war zwar größer, aber auch mächtig ramponiert.

Viele Arbeitsstunden später war nicht nur das Gemäuer wieder schmuck, das Erdgeschoss bot auch Platz für ein Spielzeugmuseum.

Kerstin Fiedler klärt auf

Indianerfiguren wie diese fanden sich einst in vielen Kinderzimmern der DDR. Meist waren die Ureinwohner beim Spielen "die Guten".
Indianerfiguren wie diese fanden sich einst in vielen Kinderzimmern der DDR. Meist waren die Ureinwohner beim Spielen "die Guten".  © Norbert Neumann

"Im Jahr 2000 haben wir das eröffnet", erinnert Kerstin Fiedler sich. Noch immer streifen dort Besucher, oft Eltern oder Großeltern mit ihren Kindern/Enkeln durch die (n)ostalgischen Exponate. Während die Älteren in Sentimentalität schwelgen, dürfen die Jungen gern auch mit den alten Schätzen spielen. So weit, so gut. Bloß: Was hat es jetzt mit den Indianern auf sich?

Kerstin Fiedler klärt auf. Ihr Mann habe die Geschichte der DDR-Indianer erforscht, auch eine Internetseite dazu entwickelt. "Im Jahr 2008 kam er auf die Idee, für eine geplante Sonderausstellung einen Aufruf zu starten." Nach dem Motto: Liebe Görlitzer, wer könnte uns noch Spielzeugindianer zur Verfügung stellen? Die Resonanz war überwältigend.

"Die Leute haben säckeweise ihre Indianer gebracht", denkt Kerstin Fiedler zurück. Viele von ihnen wären durchaus stolz gewesen, dass ihr Spielzeug nun ausgestellt würde. Andererseits wollten die meisten ihre Sachen gar nicht zurückhaben.

"Kostümierte Straßenräuber": Mann widersetzt sich der Polizei - Beamte schlagen Autoscheibe ein
Sachsen "Kostümierte Straßenräuber": Mann widersetzt sich der Polizei - Beamte schlagen Autoscheibe ein

Also landeten sie nach der Ausstellung im Görlitzer Spielzeugmuseum (und einer weiteren im Karl-May-Haus in Hohenstein-Ernstthal) in den Privatgemächern der Fiedlers. Und blieben dort.

Sammlung soll in gute Hände kommen

Allein die Boote - Kanus und Einbäume mit und ohne Segel - füllen fast eine Vitrine.
Allein die Boote - Kanus und Einbäume mit und ohne Segel - füllen fast eine Vitrine.  © Norbert Neumann

2014, während der Fußball-Weltmeisterschaft, riss das Schicksal Thomas Fiedler aus dem Leben. Herzinfarkt mit gerade mal 58 Jahren. Brutal! Auch für seine Witwe. Die Journalistin musste ihr Leben neu ordnen, peilt mittlerweile die Frührente an. Das Haus? Eigentlich viel zu groß für sie allein.

Doch ehe Kerstin Fiedler sich "verkleinern" kann, gilt es Dachböden, Schränke, Vitrinen und Pappkartons von Indianern zu leeren. Anfragen beim Karl-May-Museum in Radebeul und im Karl-May-Haus in Hohenstein-Ernstthal stießen auf mäßiges Interesse.

"Bedauerlicherweise", sagt Kerstin Fiedler. "Ich möchte die Sammlung natürlich in gute Hände geben", betont sie, am allerliebsten "am Stück". Denn viele der Exponate sind nicht nur in Sammlerkreisen einiges wert, "sie könnten sicher vielen Menschen noch Freude machen", ist die Görlitzerin überzeugt.

Weitere Infos und Kontakt: ddr-indianerspielzeug.de.

Titelfoto: Norbert Neumann

Mehr zum Thema Sachsen: