TU Freiberg lehrt jetzt das Überleben auf dem Mond

Freiberg - Der Weg der Menschheit zur Besiedlung anderer Planeten wird künftig über Sachsen führen.

An der TUBAF wurde bereits in entsprechende Labore investiert.
An der TUBAF wurde bereits in entsprechende Labore investiert.  © TUBAF

Die Technische Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF) bietet ab sofort einen Studiengang "Space Resources - Weltraumtechnologien" an, welcher zumindest in Europa einmalig ist.

Ab dem anstehenden Wintersemester erwerben die Studierenden das ingenieurtechnische Wissen, wie man in einer lebensfeindlichen Umgebung sichere Überlebensräume schafft.

Für diese außergewöhnliche Herausforderung erscheint die Bergakademie tatsächlich als der geeignetste Standort.

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Ob Menschen weiterhin auf dem Mond und in näherer Zukunft auch auf dem Mars landen werden, gilt nicht mehr als die große Frage.

Dortzubleiben und etwa in einer Forschungsstation zu leben, hingegen schon. Denn Mond- oder Marsbewohner müssen sicher mit Sauerstoff, Wasser, Nahrung und Energie versorgt werden, wobei Letzteres bei funktionierenden Fotovoltaik-Anlagen und Speichern die geringste Baustelle ist.

TU Freiberg gilt als weltweit älteste Montanuniversität

Studenten lernen in einer Simulation, wie sich Bagger und Gestein bei anderen Gravitations-Bedingungen verhalten.
Studenten lernen in einer Simulation, wie sich Bagger und Gestein bei anderen Gravitations-Bedingungen verhalten.  © TUBAF

Eine Dauerversorgung von der Erde aus ist wegen der Kosten ausgeschlossen. Die Preise für Raumtransporte sind zwar erheblich gesunken, liegen aber noch immer bei etwa 100.000 Dollar je Kilogramm.

Also müssen die Stoffe für das Überleben aus den vor Ort vorgefundenen Ressourcen gewonnen werden. Etwa Atemluft aus Mondstaub, so abenteuerlich das zunächst auch klingen mag.

Als weltweit älteste Montanuniversität war die Bergakademie immer auf der Höhe der Zeit bei Bergbautechnologien.

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Als "Ressourcen-Universität", wie sich die TUBAF selbst bezeichnet, findet man hier inzwischen die komplette Kette vom Aufsuchen und Gewinnen von Rohstoffen, über Aufbereitung und Verarbeitung bis zur Erzeugung von Werkstoffen und Energie, inklusive Produktions- und Fertigungstechnik, Recycling, Robotik, IT und Management.

Dieses Wissen bezieht sich natürlich auf die Bedingungen des Planeten Erde. Während des Studiums soll es nun auf andere Himmelskörper übertragen werden.

Studierende beschäftigen sich mit extraterrestrischer Materie und Astrowissenschaften

Mars-Rover könnten künftig auch mit Sensoren der Bergakademie ausgestattet sein, um nötige Rohstoffe aufzuspüren.
Mars-Rover könnten künftig auch mit Sensoren der Bergakademie ausgestattet sein, um nötige Rohstoffe aufzuspüren.  © IMAGO/ABACAPRESS

Professor Dr. Carsten Drebenstedt, der Entwickler des Studienganges: "Im Gegensatz zur Erde haben wir auf dem Mond zum Beispiel eine geringere Gravitation, keine Atmosphäre, eine extreme Sonnen- und kosmische Strahlung, einen ständigen Beschuss mit Mikrometeoriten, extreme Temperaturen.

Sich diesen Umgebungsbedingungen zu stellen, erfordert jede Menge Kreativität, Erfindergeist, Fantasie und Innovationskraft."

In dem sieben Semester dauernden Bachelorstudium vertiefen sich die Studierenden nicht nur in Ingenieurwissenschaften. Sie beschäftigen sich auch mit extraterrestrischer Materie, Astrowissenschaften, Materialforschung sowie Recht und Ethik im Weltraum.

Und wie man ressourcensparend Maschinen und Roboter für Mond, Mars oder Asteroiden konstruiert. Spezielle Labore, etwa für die Simulation des Arbeitens von Maschinen unter Weltraumbedingungen und die Gesteinszerstörung unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit, gibt es an der TUBAF bereits.

Etwa 30 Lehrende werden in den neuen Studiengang eingebunden sein, außerdem externe Experten wie Astronauten. Dazu sind auch zahlreiche wissenschaftliche Exkursionen geplant - nicht gleich zum Mond, aber zu vielen Akteuren der Branche und zu Internationalen Luft- und Raumfahrtmessen. Weiterführende Master- und Promotionsstudiengänge werden vorbereitet.

Spezialmodul für Robotik und Künstliche Intelligenz ist im Studium integriert

Die Jahrhunderte alte Bergbau-Erfahrung der Freiberger wird nun auf andere Himmelskörper übertragen.
Die Jahrhunderte alte Bergbau-Erfahrung der Freiberger wird nun auf andere Himmelskörper übertragen.  © Kristin Schmidt

Zusätzliche Motivation für künftige Weltraumingenieure dürfte die direkte Kopplung des Studiums an das aktuelle Artemis-Programm der NASA sein, welches den Aufbau einer dauerhaften menschlichen Präsenz auf dem Mond plant.

Auch die Bundesrepublik ist daran beteiligt. Für Lösungen, wie die vor Ort vorgefundenen Materialien gewonnen und verarbeitet werden, könnten die Freiberger eine Führungsrolle übernehmen.

Weil Mondtag und Mondnacht jeweils zwei Erdenwochen dauern, besteht eine Herausforderung in den extremen Temperaturen zwischen 180 und minus 160 Grad Celsius. Daher muss der Aufbau eines ersten Habitats, in dem die Menschen überleben können, von ferngesteuerten Robotern übernommen werden.

Daher ist ein Spezialmodul für Robotik und Künstliche Intelligenz im Studium vorgesehen.

Carsten Drebenstedt: "Unsere Vision ist, dass Astronauten und Astronautinnen ihren Weg über Freiberg nehmen." Auch, dass auf dem Mond künftig das Logo der TUBAF an Maschinen und Anlagen zu sehen ist. Dabei betont der Professor, dass es nicht um Bergbau im großen Stil etwa durch private Firmen geht. Drebenstedt: "Wir wollen nur so viele Rohstoffe minimalinvasiv abbauen und Energien erzeugen, um eine wissenschaftliche Präsenz vor Ort zu ermöglichen."

Bereits nach dem Bachelorstudium wird es den Absolventen nicht an lukrativen Angeboten mangeln - von den einschlägigen Unternehmen und Organisationen der Branche, oder auch aus der Forschung. Selbst wenn man nicht den Arbeitsort "Weltraum" wählt. Denn wer Menschen ressourcensparend auf dem Mond das Überleben sichern kann, wird auch auf der Erde eine gefragte Fachkraft sein.

Titelfoto: TUBAF, Kristin Schmidt

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