Süße Welpen, bitteres Leid: Hunde-Schmuggel boomt wie nie

Dresden - Die Sehnsucht nach einem Haustier ist ungebrochen bei den Deutschen. Im tristen Lockdown-Alltag verspricht die Gesellschaft von tierischen Gefährten Nähe, Wärme und Abwechslung. Seit über einem Jahr explodiert geradezu die Nachfrage nach Hundewelpen.

Diese Welpen stellte die Bundespolizei auf der A 17 am Grenzübergang Breitenau sicher. Da die Tiere viel zu jung für einen Grenzübertritt sind und der Halter nicht die nötigen Impfungen vorweisen konnte, wurden die Hunde in Amtshilfe für das Veterinäramt sichergestellt.
Diese Welpen stellte die Bundespolizei auf der A 17 am Grenzübergang Breitenau sicher. Da die Tiere viel zu jung für einen Grenzübertritt sind und der Halter nicht die nötigen Impfungen vorweisen konnte, wurden die Hunde in Amtshilfe für das Veterinäramt sichergestellt.  © LausitzNews/Erik-Holm Langhof

Heimische Züchter können den Bedarf längst nicht mehr decken. Der Handel mit Tieren im Internet boomt. Skrupellose Importeure, die illegal Tiere ins Land schaffen, machen das große Geschäft.

Tierschützer warnen vor dieser Welpen-Mafia. Sie senden Appelle, an die Vernunft aller tierliebenden Menschen und die Politik.

Große Knopfaugen, süße Fellnasen, elendes Schicksal: Die Welpen erblicken als Produkt einer erbarmungslosen Produktion in regelrechten Welpenfabriken (sogenannten Vermehrerstationen) in Osteuropa das Licht der Welt.

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Meist unter grausamen Bedingungen ohne medizinische Versorgung machen sie ihre ersten tapsigen Schritte ins Leben, um dann auch noch viel zu früh ihren Müttern entrissen zu werden. Eingepfercht in Bananenkisten oder Käfigen kommen die hilflosen Welpen als Schmuggelware in Transportern und Autos nach Deutschland.

Bereits 34 sichergestellte Tiere bei der Bundespolizeiinspektion Berggießhübel

In diesem Seat mit niederländischen Kennzeichen fand die Bundespolizei zehn ungechipte Hundewelpen ohne EU-Heimtierausweis. Die Welpen sollten illegal nach Deutschland verbracht werden. Der niederländische Fahrer reiste auf der A 17 aus Tschechien ein.
In diesem Seat mit niederländischen Kennzeichen fand die Bundespolizei zehn ungechipte Hundewelpen ohne EU-Heimtierausweis. Die Welpen sollten illegal nach Deutschland verbracht werden. Der niederländische Fahrer reiste auf der A 17 aus Tschechien ein.  © LausitzNews/Erik-Holm Langhof

Das Ausmaß des illegalen Welpenhandels scheint riesig. Allein die Bundespolizeiinspektion Berggießhübel (Sachsen) stellte bei Kontrollen in den ersten Wochen dieses Jahres (Stand 19. Februar) 34 Tiere sicher.

Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es insgesamt 49 Kreaturen. Erst am vergangenen Freitag vermeldete die Staatsanwaltschaft Dresden mit der Polizeidirektion Dresden einen erfolgreichen Schlag gegen den illegalen Tierschmuggel.

Nach Durchsuchungen in Laußnitz und auf Rügen ermittelt sie gegen zwei Rumänen (34 und 48 Jahre) und eine Deutsche (41) u. a. wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs in mindestens 47 Fällen.

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In all diesen Verfahren arbeiten die Beamten Hand in Hand mit den zuständigen Veterinärämtern - zum Beispiel mit Benita Plischke, der Amtstierärztin des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

Die Veterinärmedizinerin berichtet: "Die Aufgriffe von illegalen Welpentransporten steigen kontinuierlich an und verursachen der Veterinärbehörde unseres Landkreises ständig steigenden Arbeitsaufwand und Kosten."

Viele Welpen sind in einem schlechten Zustand

Regina Barthel-Marr (60) steht dem Tierschutzverein Freital vor, der eine Quarantänestation betreibt, wo Schmuggeltiere aufgepäppelt werden. Der Zwergspitz-Mix auf ihrem Arm hat die Quarantäne überstanden. Ob sein Besitzer ihn auslöst, ist unklar.
Regina Barthel-Marr (60) steht dem Tierschutzverein Freital vor, der eine Quarantänestation betreibt, wo Schmuggeltiere aufgepäppelt werden. Der Zwergspitz-Mix auf ihrem Arm hat die Quarantäne überstanden. Ob sein Besitzer ihn auslöst, ist unklar.  © Holm Helis

In ihrer tagtäglichen Arbeit stellt sie das gegenwärtig - neben der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest und der Vogelgrippe - vor enorme Herausforderungen. "Wir müssen rund um die Uhr für Bundespolizei und Zoll erreichbar sein und die Einweisung der Welpen in die Quarantänestation koordinieren. Die Welpen müssen von uns untersucht, das Alter anhand des Zahnstatus festgestellt werden."

In enger Zusammenarbeit mit der Quarantänestation wird danach die Versorgung der Welpen abgestimmt.

Ein Großteil der in Sachsen aufgegriffenen und unrechtmäßig eingeführten Welpen befindet sich in elendem Zustand. Ohne rasche Fürsorge, medizinischen Beistand und lebensnotwendige Impfungen wären die Tiere dem Tode geweiht.

Benita Plischke: "In der Quarantänestation unseres Landkreises befinden sich aktuell insgesamt 63 Tiere." Die Betreuungskapazitäten sind damit an der Belastungsgrenze angekommen. Die Amtstierärztin: "Die Situation ist dramatisch."

Die miesen Tricks der Hunde-Mafia

Romy Rösner (34) arbeitet als Tierpflegerin auf der Quarantänestation im Tierheim Freital.
Romy Rösner (34) arbeitet als Tierpflegerin auf der Quarantänestation im Tierheim Freital.  © Holm Helis

"Kaufen Sie online keine Tiere!", mahnt Lea Schmitz (36) vom Deutschen Tierschutzbund. Die Sprecherin der anerkannten Organisation gibt hier Tipps, wie Sie die üblen Tricks der Welpen-Mafia entlarven können.

Schmitz warnt: "Die illegalen Händler treten im Internet sehr professionell auf und arbeiten mit deutschen Mittelsmännern. Sie präsentieren ihre Tiere mit niedlichen Fotos und liebevollen Texten in korrektem Deutsch. Es ist darum kaum möglich, auf den ersten Blick ihre Offerten von seriösen zu unterscheiden." Früher galten niedrige Preise als "verräterisch". Heute orientieren sich die Importeure an den Preisen der hiesigen Züchter und rufen Beträge um und über 1500 Euro für Welpen auf.

Stutzig sollten Interessenten werden, wenn die Anzeigen anonym gehalten sind und kein bekannter deutscher Züchter damit in Verbindung steht. Tiere, die in Deutschland geboren sind, dürfen zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht jünger als acht Wochen sein. Tiere aus dem Ausland dürfen legal nicht ins Land, wenn sie jünger als 15 Wochen sind.

Lea Schmitz empfiehlt Käufern, vorab immer die Welpen und ihre Mutter zu besichtigen. Sie sagt: "Seien Sie da hartnäckig. Finger weg, wenn der Kauf und die Übergabe am Straßenrand oder auf einem Parkplatz ohne schriftlichen Kaufvertrag oder EU-Heimtierausweis für den Welpen abgewickelt werden soll!"

Außerdem rät sie dringend davon ab, eigene Tier-Suchanzeigen auf Portalen wie edogs oder eBay einzustellen. Lea Schmitz: "Die Händler melden sich dann anonym und ihre Angebote sind nirgends transparent oder hinterlegt."

Widerstand gegen den Online-Handel

In Deutschland ist der Online-Handel mit Tieren - anders als in Österreich oder der Schweiz - nicht reglementiert. Das öffnet miesen Geschäftemachern Tür und Tor.

Aktuell laufen gleich mehrere Petitionen, die von der Bundesregierung Gesetzesänderungen fordern, damit Tiere nicht weiterhin anonym im Netz verschachert werden können. Auf der Plattform openpetition.de unterstützen über 3000 Menschen eine Petition zum Verbot vom Tierhandel im Internet.

Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" wendet sich an die zuständige Bundesministerin Julia Klöckner (48). Die CDU-Politikerin soll den Online-Handel mit Tieren sicher machen.

Über 102.000 Menschen zeichneten bereits diesen Aufruf (help.four-paws.org).

Titelfoto: LausitzNews/Erik-Holm Langhof

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