Studie offenbart überraschenden Trend: Hat der Feminismus in Sachsen ausgedient?

Dresden - Sexismus und Frauenfeindlichkeit sind in Sachsen auf dem Vormarsch. Die häusliche Gewalt steigt. Gleichzeitig zeichnet sich ein neues Phänomen ab: Junge Frauen träumen von einem Leben als traditionelle Hausfrau und einem Rückzug ins Private. Was paradox klingt, gehört doch zusammen wie zwei Seiten einer Medaille. Ein Stück Zeitgeist und Zahlen, die für manche besorgniserregend sind.

Alles recht so, der Herr? So devot mag sich mancher Mann seine Partnerin schon immer gewünscht haben. Jetzt aber scheinen auch einige Frauen selbst wieder Gefallen an der Unterwürfigkeit zu finden.  © IMAGO/GRANGER Historical Picture Archive

Es ist wohl nur noch ein Mythos, dass der Feminismus in Ostdeutschland großgeschrieben wird. Tatsächlich berichtet die Autoritarismus-Studie 2024 der Universität Leipzig von einer Zunahme von Frauenfeindlichkeit im einstmals deutlich progressiveren Osten der Republik.

Laut repräsentativer Umfragen erfährt der Antifeminismus im Osten 35 Prozent Zustimmung (Westen: 20 Prozent). Rund 31,4 Prozent der Ostdeutschen meinen, dass Frauen sich "wieder mehr auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter" besinnen sollten.

Zum Vergleich: Im Westen vertraten diese Ansicht 25,7 Prozent der befragten Menschen im Alter zwischen 16 Jahren und 92 Jahren.

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Das Forscher-Team um Prof. Oliver Decker (56) beobachtet eine "Retraditionalisierungstendenz in der jüngeren Generation" zwischen Fichtelberg und Kap Arkona. Dazu passt ein aktueller Internet-Hype auf den Plattformen von TikTok & Co: der Tradewife-Trend (zu Deutsch: traditionelle Ehefrau).

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Welchen Anteil hat die AfD?

Prof. Dr. Oliver Decker (56) leitet die Studienreihe, die jetzt zu überraschenden Erkenntnissen kam.  © Swen Reichhold/Universität Leipzig

Er idealisiert das Hausfrauen-Leben. In diesem Universum dreht sich alles um das Wohlbefinden des Ehemanns und die Haushaltsführung. Die Videos erreichen weltweit ein Millionen-Publikum. Laut Medienanalysen finden vor allem junge Frauen die Tradewife-Filmchen gut.

Wie kann es sein, dass dieser Trend und solche Umfragewerte zustande kommen in einer Zeit, in der Gleichberechtigung und Feminismus vermeintlich fest in der Gesellschaft verankert sind?

Dr. Jessica Bock hat als Vorsitzende des Landesfrauenrates dafür mehrere Erklärungen. "Die rechten Kräfte und Parteien wie die AfD sind erstarkt. Sie propagieren das traditionelle Frauenbild."

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Manche Berufstätige liebäugelt heute wieder mit der Hausfrauen-Rolle, weil sie sich tagtäglich zwischen Job und Familie zerreißt.

Hat die Politik den Wandel versäumt?

Dr. Jessica Bock (41) ist Vorsitzende des Landesfrauenrates.  © Ove Landgraf

"Es ist eine direkte Reaktion darauf, wenn sich Frauen heute gegen Kinder oder für ein Leben als Hausfrau entscheiden", sagt Bock. Sie kann diesen persönlichen Weichenstellungen grundsätzlich nichts Negatives abgewinnen: "Alle Lebensmodelle müssen gestattet sein. Unser Sozial-System sollte so nachjustiert werden, dass es niemanden benachteiligt."

Ihre Kritik setzt woanders an: Die Politik habe es in der Vergangenheit versäumt, bessere Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Sie habe zugesehen, wie tausende junge Frauen abwanderten - vom Land in die Städte, in andere Bundesländer.

Sie räume nicht auf mit tief sitzenden Vorurteilen und ergreife kaum Maßnahmen, damit weibliche Persönlichkeiten in Chefetagen und Parlamenten ihre Kompetenz unter Beweis stellen können.

Bock erklärt: "Um alles das zu überwinden, braucht es viel mehr Solidarität unter Frauen und Männern, in politischen Lagern und in den verschiedenen Frauenbewegungen."

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