So fahrlässig geht Sachsen mit rückfallgefährdeten Sex-Tätern um

Leipzig - Eine Justizpanne hat es offenbar ermöglicht, dass der mehrfach vorbestrafte Kinderschänder Marko O. (36) trotz staatlicher Führungsaufsicht wieder zuschlagen konnte. Nach seiner Freilassung 2018 hatte es die Generalstaatsanwaltschaft versäumt, den gefährlichen Pädophilen in das behördliche "Informationssystem zur Intensivüberwachung besonders rückfallgefährdeter Sexualstraftäter" (ISIS) aufzunehmen.

Steht erneut wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht: Marko O. (36). Seit 20 Jahren beschäftigt sein Sexualtrieb die Justiz.
Steht erneut wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht: Marko O. (36). Seit 20 Jahren beschäftigt sein Sexualtrieb die Justiz.  © So fahrlässig geht Sachsen mit rückfallgefährdeten Sex-Tätern um

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft befinden sich aktuell 167 Männer in der sächsischen ISIS-Datenbank. Kinderschänder und Vergewaltiger, die immer wieder verurteilt wurden, ihre Haftstrafen aber abgesessen haben.

Eine Operative Einheit im Landeskriminalamt und ISIS-Beamte in den Polizeidirektionen sorgen für die Überwachung dieser besonders rückfallgefährdeten Täter.

Durch Gefährderansprachen, Wohnumfeld-Überprüfungen und Datenaustausch mit Ämtern und sozialen Diensten soll verhindert werden, dass etwa Groomingtäter wieder Kontakt zu Kindern aufnehmen oder Zugang zur Kinder- und Jugendarbeit von Vereinen und Kirchen suchen.

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Obwohl der 2020 in Delitzsch verhaftete Marko O. seit 20 Jahren immer wieder wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu Gefängnisstrafen verurteilt wurde, unterließ es die Generalstaatsanwaltschaft, ihn trotz erhöhter Rückfallgefahr nach der letzten Haftentlassung 2018 in die ISIS-Datei aufzunehmen. Der Grund dafür war von der Behörde am Mittwoch nicht zu erfahren.

Sachsens Generalstaatsanwalt Hans Strobl (64) - seine Behörde legt fest, welche Sexualstraftäter in die ISIS-Datei aufgenommen werden.
Sachsens Generalstaatsanwalt Hans Strobl (64) - seine Behörde legt fest, welche Sexualstraftäter in die ISIS-Datei aufgenommen werden.  © Holm Helis

Nur zwei Beamte koordinieren die ISIS-Maßnahmen

Das Landeskriminalamt Sachsen - hier bilden zwei Beamte die Operative ISIS-Stelle, die sachsenweit aktuell 167 besonders rückfallgefährdete Sexualstraftäter überwacht.
Das Landeskriminalamt Sachsen - hier bilden zwei Beamte die Operative ISIS-Stelle, die sachsenweit aktuell 167 besonders rückfallgefährdete Sexualstraftäter überwacht.  © Holm Helis

Allgemein hieß es auf eine Anfrage von TAG24: "Die Prüfungen, ob ein verurteilter Sexualstraftäter in das Informationssystem ISIS neu aufzunehmen ist ..., erfolgen im Wege der Risikoeinschätzung durch die bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden eingerichtete Zentralstelle ISIS in regelmäßig stattfindenden Fallkonferenzen."

Die fatalen Folgen des Versäumnisses im Fall Marko O.: Die fehlende Kontrolle des unter Führungsaufsicht stehenden Sexualstraftäters machten zwei zur Tatzeit fünf und sieben Jahre alte Mädchen 2020 zu Opfern schweren sexuellen Missbrauchs.

Generell fristet die Überwachung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter in Sachsen ein stiefmütterliches Dasein. Im LKA koordinieren gerade mal zwei Beamte die ISIS-Maßnahmen, in den Polizeidirektionen kümmert sich jeweils nur ein Ermittler um die "tickenden Zeitbomben".

Titelfoto: Ralf Seegers

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