Sind die Zahlen schlimmer als die Realität? Neue Studie zum Gender-Pay-Gap in Sachsen lässt Fragen offen
Dresden - Das Gleichstellungsministerium schlägt Alarm: Angeblich werden Frauen in Sachsen schlechter bezahlt als Männer. Das soll eine neue Studie beweisen. Doch es ist fraglich, ob es die scheinbare Diskriminierung wirklich gibt.
Staatssekretärin Gesine Märtens (50, Grüne) präsentierte am Mittwoch die erschreckende Zahl: 11,7 Prozent weniger sollen sächsische Frauen im Vergleich zu Männern verdienen.
Die Angabe bezieht sich auf das Jahr 2020, sie stammt aus einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB).
Doch woher kommt die Lohnlücke? Die Forscher verglichen den durchschnittlichen Bruttolohn sächsischer Frauen und Männer. Dann zogen sie verschiedene Faktoren ab - etwa, dass Frauen öfters in schlechter bezahlten Pflegeberufen arbeiten als Männer und öfters in Elternzeit gehen. Dennoch blieb eine Lohnlücke von 11,7 Prozent.
Aber: Das heißt nicht, dass eine sächsische Frau aufgrund ihres Geschlechts 11,7 Prozent weniger verdienen würde. Denn 10,4 Prozent dieser Lücke sind Faktoren geschuldet, die für die Forscher nicht erfassbar sind - etwa das persönliche Geschick bei Lohnverhandlungen oder Boni durch Mehrarbeit.
Ohne diese 10,4 Prozent bleibt eine Lücke von 1,3 Prozent. Doch selbst die 1,3 Prozent sind wacklig: "Es gibt eine Fehlertoleranz", so Anja Rossen (35), Mit-Autorin der Studie. Das Ausmaß der möglichen Schwankung lasse sich nicht genau beziffern.
Staatssekretärin Märtens vom Gleichstellungsministerium zeigte sich überzeugt, dass "wir weiter aktiv dafür kämpfen müssen, eine Gleichstellung in der Arbeitswelt herzustellen".
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