Seit 163 Tagen Streik-Marathon: Dicke Luft in Espenhain
Espenhain/Essingen - Beschäftigte des Schrottrecyclers streiken nunmehr seit 163 Tagen. Jetzt erheben die "Streikbrecher" schwere Vorwürfe gegen die Streikenden - vor allem aber gegen die Gewerkschaft. Ein PR-Gag?
In dem offenen Brief an die beiden Bevollmächtigten der IG Metall Leipzig, Steffen Reißig (42) und Michael Hecker (35), ist von einer Denunzierung der "arbeitenden Mehrheit als Streikbrecher" die Rede, von Falschbehauptungen, dem Kampf mit unfairen Mitteln und der Spaltung der Belegschaft, die bis in die Familien hineingehe. Unterschrieben ist er von Marcus Lindel und Jens Timm.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Aktion sind angebracht. Absender des Schreibens ist die Scholz Recycling GmbH, zu der SRW metalfloat gehört. Übersandt wurde es von der Kommunikationsagentur der Scholzgruppe.
Dazu kommt, dass die beiden Unterzeichner nicht in Espenhain (Leipziger Land) arbeiten. Lindel sei am Scholz-Standort Essingen (Baden-Württemberg) beschäftigt, Timm im Chemnitzer Werk, so Steffen Reißig.
Beide hätten keinerlei rechtliche Legitimation durch die Beschäftigten, die Gewerkschaft dagegen sehr wohl.
Landes-Chef der Linken: "Das Unternehmen versucht, die Beschäftigten zu spalten"
"Durch den Brief ist die nächste Stufe in diesem Schmierentheater erreicht", sagte Reißig gegenüber TAG24.
Auch Stefan Hartmann (60), Landes-Chef der Linken, der die Streikenden von Anfang an unterstützt hat, sieht den Brief kritisch. "Das Unternehmen versucht, die Beschäftigten zu spalten - das ist durchschaubar und ihr Vorwurf fällt auf sie selbst zurück", sagte er auf Anfrage.
Nach Unternehmensangaben arbeiten in Espenhain aktuell 105 Personen, 91 streiken. Ihre Hauptforderung ist ein Tarifvertrag.
Den haben sie sich mangels Angebot der Arbeitgeberseite am vergangenen Wochenende kurzerhand selbst geschrieben. "Wir warten auf Antwort", so Steffen Reißig.
Titelfoto: Kristin Schmidt