Sächsischer Landkreis stellt sich quer: Ungeimpfte Pfleger dürfen weiterarbeiten
Bautzen - Der Vize-Landrat von Bautzen, Udo Witschas (50, CDU), erklärte auf einer Corona-Demo klar, dass sich der Landkreis nicht an die Impfpflicht für Pflegepersonal halten wolle.
Ab 16. März sollen Pflegekräfte, Klinikmitarbeiter und anderes Personal aus dieser Branche nur noch vollständig geimpft arbeiten dürfen, außer sie gelten als genesen. Dies entschied der Bundestag Mitte Dezember 2021. Doch im Landkreis Bautzen will man offenbar seinen eigenen Weg gehen.
Auf einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am gestrigen Montagabend erklärte Vize-Landrat Udo Witschas den laut Polizei etwa 2150 Protestierenden: "Wir werden unseren Mitarbeitern in der Pflege und im medizinischen Bereich kein Berufsverbot, kein Betretungsverbot erteilen."
Daraufhin brach vor dem Landratsamt, wo die Kundgebung abgehalten wurde, lauter Jubel aus. Die Leute grölten und klatschten, wie in Videos von OstsachsenTV oder der rechtsextremen Freien Sachsen zu sehen war.
"Ich kann Ihnen ganz einfach sagen, warum es bei uns zum 16.3. das Betretungsverbot nicht geben wird", fuhr Witschas nach kurzer Pause fort. "Es gibt eine ganz, ganz einfache Antwort auf diese Frage: Wer, meine Damen und Herren, soll oder wird sich um diese pflegebedürftigen, hilfsbedürftigen Menschen in unseren Kliniken und Pflegeeinrichtungen kümmern, wenn Sie nicht mehr da sind?" Erneut gab es tosenden Applaus von den Demonstranten in Bautzen.
Witschas habe sich mit Landrat Michael Harig (61, CDU) verständigt, dass die Versorgungssicherheit im Gesundheitsbereich sichergestellt bleiben müsse. "Darauf wollen, müssen und dürfen sich auch die Menschen verlassen", so der stellvertretende Landrat.
Landrat Harig bittet um Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht
Seinem Redebeitrag zufolge sprach Witschas am Nachmittag vor der Demo mit der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Klinikchefs und Wohlfahrtsverbänden. "Selbst wenn 10 Prozent [der Mitarbeiter, Anm. d. Red.] fehlen würden, können unsere Einrichtungen ihren Auftrag nicht mehr erfüllen", sei das Ergebnis der Gespräche gewesen.
Wie mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht konkret umzugehen ist, soll in einem Erlass des Sozialministeriums stehen. Dieser hätte laut Witschas in der vergangenen Woche vorliegen sollen. Doch: "Ich habe ihn jetzt noch nicht."
Der Lokalpolitiker würde dem Ministerium die Gegenfrage stellen, wie denn die Versorgungssicherheit gewährleistet werden solle, wenn auf einen Schlag so viele Pfleger und Ärzte nicht mehr arbeiten dürften.
Daher soll die Impfpflicht verschoben oder aufgehoben werden, wenn es nach Landrat Harig geht. Er bat in einem Schreiben an Ministerpräsident Michael Kretschmer (46, CDU) darum, dass sich der Freistaat dafür beim Bund einsetze.
Doch die Erfolgschancen dürften gering sein, immerhin befindet sich Sachsen in einer Art Ausnahmesituation, was die Impfunwilligkeit in der Bevölkerung angeht.
Sachsen immer noch Schlusslicht beim Impfen
Laut Gesundheitsministerin Petra Köpping (63, SPD) sind derzeit etwa 65 Prozent des Personals im medizinischen und pflegerischen Sektor geimpft. 35 Prozent der etwa 300.000 Angestellten (105.000) sind somit vom Jobverlust bedroht.
In Sachsen sind derzeit 62,3 Prozent der Bürger vollständig geimpft. Das sind etwa 2,5 Millionen Personen. Geboostert sind schon 40,6 Prozent (1,6 Mio.), wie aus Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums (Stand 25. Januar, 9 Uhr) hervorgeht.
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