Sächsischer Corona-Rückblick: Welche Fehler haben Sie gemacht, Frau Köpping?
Dresden - Die Pandemie ist vorbei. Der Frühling ist da und keiner will mehr über die nächtlichen Ausgehverbote reden, die vielen Corona-Toten in Sachsen, über Grenzschließungen oder die zeitweise überzogenen Preise für Masken. Sozialministerin Petra Köpping (64, SPD) schon. Mit TAG24 wertete sie die schweren Pandemie-Jahre aus.
TAG24: Frau Köpping, im Rückspiegel wirken eine ganze Reihe von Verfügungen während der knapp drei Corona-Jahre skurril, wenn nicht absurd. Welche Entscheidungen bedauern Sie?
Petra Köpping: Unsere Prämisse war immer der Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Von heute aus betrachtet hätten wir keine Schulschließungen gebraucht und nicht jede Auflage im Freizeitbereich, bei der Kultur, beim Sport. Aber man darf nicht vergessen: Wir hatten bundesweit die höchste Sterberate in Sachsen. Unser Wissen über die Pandemie ist erst nach und nach gewachsen.
TAG24: Gibt es Beschlüsse, die Sie so nicht mehr mittragen würden?
Köpping: Die Schließung von Jugendtreffs, Kitas und Schulen, aber auch die nächtlichen Ausgehverbote. Auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit - das würde man mit dem Wissen von heute nicht mehr machen.
TAG24: Berlin will die Pandemie aufarbeiten. Sachsen auch?
Köpping: Wir haben schon einige Dinge gemacht. Die Frage war, warum sind so viele Menschen in Sachsen gestorben? Das wollten wir unbedingt wissen, um daraus zu lernen. Oder eine Studie zu Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf die psychische Gesundheit von Kindern. Oder die Feststellung der Lerndefizite bei Schülern.
Diese Lehre zieht Ministerin Köpping aus den Corona-Jahren
TAG24: Was ist für Sie die wichtigste Lehre, die sie aus den Corona-Jahren ziehen konnten?
Köpping: Auch wenn Länder-Regelungen ihre Berechtigung hatten... die Menschen hat das verwirrt. Nach den Ministerpräsidentenkonferenzen galt das eine hier und anderswo etwas ganz anderes. Das war nicht gut. Ich glaube, ein bisschen mehr Geschlossenheit kann nur von Vorteil sein.
TAG24: Während der Pandemie wurde immer wieder gesagt, Corona spalte die Gesellschaft. Ist jetzt tatsächlich etwas anders als vorher?
Köpping: Ob ich von einer Spaltung sprechen würde, weiß ich nicht. Aber Verletzungen bleiben. Am schwersten war da die Zeit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, für deren Ende ich gekämpft habe. Und dann gibt es natürlich Patienten, die von ganz schweren Verläufen genesen sind, und die dann sagten, sie hatten kein Corona. Die Krankheit zu leugnen, halte ich auch im Hinblick auf eine zukünftige Pandemie für schwierig.
Sind wir in Sachsen auf die nächste Pandemie vorbereitet?
TAG24: Wie gut sind wir auf die nächste vorbereitet?
Köpping: Wir haben viel gelernt und sind insgesamt viel besser vorbereitet. Denken Sie nur an den Digitalisierungsschub bei den Gesundheitsämtern. Dafür stehen in Sachsen bislang insgesamt mehr als 20 Mio. Euro bereit. Schwieriger wird es zum Beispiel bei einer Vorratshaltung etwa für Masken, weil wir da in wirtschaftliche Kreisläufe eingreifen.
TAG24: Zum Schluss: Die Pandemie ist zwar vorbei, aber das Info-Portal coronavirus.sachsen.de gibt's immer noch. Wie lange noch?
Köpping: Wir werden schauen, wie wir hier weiter verfahren. Aber: Wir behalten die internationalen Entwicklungen und Sachsen natürlich fest im Blick.
Titelfoto: Steffen Füssel