Sächsische Kunsthandwerker suchen vergeblich Nachfolger
Oederan - Engel und Bergmänner, Großpyramiden und die Knickohr-Hasen aus Gahlenz (Landkreis Mittelsachsen) sind Markenzeichen der Region. Rund hundert Jahre zurück reicht die Tradition der Erzgebirgischen Holzkunst Gahlenz GmbH. Die beiden Inhaber lenken seit 1993 die Geschicke des Betriebes. Seit fünf Jahren suchen sie einen Nachfolger - bisher erfolglos.
"Wir gehen jetzt auf die 70 zu, da macht man sich Gedanken", sagt Gundolf Berger (69). "Als ich mit Jochen Schumann die Firma von der Treuhand gekauft habe, dachten wir, das wäre mal unsere Rentensicherheit. Aber wenn sich hier junge Interessenten umschauen und sehen, mit wie viel Arbeit das Geschäft verbunden ist, winken die meisten ab."
Dabei ist der Gahlenzer Betrieb mit seinen 30 Mitarbeitern vergleichsweise robust aufgestellt: "Wir haben mit 300 bis 400 Figuren ein sehr breites Sortiment. Dazu helfen uns internationale Aufträge für Großpyramiden, um über den Sommer zu kommen."
Eine Auftragslage wie um die Jahrtausendwende und damalige Zahl von 78 Mitarbeitern scheint aus heutiger Sicht trotzdem unerreichbar.
"Preiswerte Ware und sehr hochwertige Sachen gehen am besten. Das mittlere Segment ist eingebrochen und Nussknacker will kaum noch jemand", so der Firmenchef.
Energiekrise und Mindestlohn haben die Preise um rund 50 Prozent hochgetrieben. "100 Prozent wäre realistisch gewesen." Berger sieht eine weitere tiefgreifende Folge: "Im Leistungslohn war es normal, in neun Minuten 100 Arme anzuleimen. Diese Fingerfertigkeit geht verloren."
Kein Personal! Kunsthandwerker bleibt Chemnitzer Weihnachtsmarkt fern
Kleinen Weihnachtsmärkten, die nur wenige Tage dauern, bleiben die Gahlenzer mittlerweile fern. Zu groß ist der Aufwand.
Selbst für den Chemnitzer Weihnachtsmarkt findet der Chef kein Personal für den Verkauf. Ans Aufhören denkt Gundolf Berger trotzdem nicht: "So lange die Gesundheit mitmacht, geht es weiter."
Wie den Gahlenzer Holzkunsthandwerkern geht es vielen. Von den 50 Betrieben, die zum Branchenverband gehören, suchen mindestens die Hälfte nach einem Nachfolger, der die Geschäfte in den nächsten zehn Jahren übernimmt.
Titelfoto: Kristin Schmidt