Sachsens Handwerker leiden unter Materialmangel: Alles knapp, teuer oder nicht mehr zu haben!
Chemnitz/Dresden - Raus aus der Krise - rein in die Krise: Zuerst Corona, jetzt der Ukraine-Krieg und die Folgen. Neue Herausforderungen für Handel, Handwerk und Industrie. Aber wo fehlt's in Sachsen wirklich? Und wann hat das endlich ein Ende?
Zwei kurze Holzbretter, das eine hell, das andere dunkel. Jens Knauth (60) deutet auf das hellere. "Das ist sibirische Lärche", erläutert der Zimmerer.
In seinem Handwerksbetrieb mit sieben Mitarbeitern in Chemnitz verwendete er das Holz bisher für Fassaden oder für den Innenausbau. Seit dem Stopp der Handelsbeziehungen mit Russland ist es nicht mehr zu bekommen.
Auch Dämmstoffe für die energetische Dachsanierung oder Spezialschrauben seien Mangelware, sagt er.
Seit dem Cut mit Russland fehlt der Industrie auch ein so einfacher Rohstoff wie Ruß. Wichtig etwa für Schläuche und Reifen.
"Das bringt die Kautschukindustrie und weitergedacht den Fahrzeugbau in Schwierigkeiten", sagt Lars Fiehler (50) von der IHK Dresden.
Laut einer Umfrage des IHK-Dachverbands unter knapp 3000 Unternehmen mangelt es derzeit außerdem an Kupfer, Palladium, Nickel, Neon, Aluminium, Stahl, Halbleitern, Papier und Zellulose.
Chemnitzer Handwerksmeister Jens Knauth: "Stimmung ist mies"
Dazu kommt die Teuerung. "Befestigungsmittel sind um 100 bis 150 Prozent im Preis gestiegen", sagt Knauth.
Der Handwerksmeister versucht die Materiallücken irgendwie zu füllen. "Aber die Stimmung ist mies - und wir wissen nicht, was kommt."
Tatsächlich sind die Aussichten bescheiden. Die Materialknappheit könnte länger dauern, warnt Joachim Ragnitz (61) vom Dresdner ifo-Institut.
Nicht wegen des Ukraine-Kriegs, sondern wegen des Bevölkerungsrückgangs oder der Dekarbonisierung, die die Produktion in Deutschland teuer macht.
Und dann ist da ja auch noch China: Verknappt das Regime dort bestimmte Rohstoffe, könnte das Preissteigerungen auslösen - überall auf der Welt.
Sachsens Betriebe bilden aus wie nie
Neuer Höchstwert bei Ausbildungsbetrieben: 55 Prozent aller ausbildungsberechtigten Betriebe in Sachsen haben sich im vergangenen Jahr an der Ausbildung beteiligt.
Damit sei die Lücke zu Westdeutschland geschlossen worden, teilte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit mit.
Weil die Herausforderungen, gut qualifiziertes Personal in Sachsen zu halten oder neue Fachkräfte zu gewinnen, zunehmen werden, "ist es eine gute Nachricht, dass Sachsens Betriebe so viel wie nie zuvor ausbilden", so Sachsens Arbeitsminister Martin Dulig (48, SPD).
Auf Lehrlinge und Arbeitssuchende zielt auch die Aktion "Spätschicht" am 4. November in der Lausitz. Von 16 bis 20 Uhr beteiligen sich in vier Städten insgesamt 42 Firmen an dem "Tag des offenen Unternehmens".
Neugierige können unter anderem bei Birkenstock schnuppern oder bei Siemens. Infos unter www.spaetschicht.eu.
Titelfoto: Ralph Kunz