Sachsen reagiert auf Merz-Desaster: "Völlig überfordert!"

Dresden - Nach den kontroversen Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz (67) in Bezug auf eine mögliche kommunale Zusammenarbeit mit der AfD machte sich ein Sturm der Entrüstung in Medien und Politik breit. Doch wie reagiert die Politik in Sachsen auf die rissige Brandmauer gegen rechts?

Für Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (50, Grüne, Foto) ist CDU-Chef Friedrich Merz aktuell dabei, die Brandmauer gegen rechts einzureißen. (Archivbild)
Für Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (50, Grüne, Foto) ist CDU-Chef Friedrich Merz aktuell dabei, die Brandmauer gegen rechts einzureißen. (Archivbild)  © Jan Woitas/dpa

Am Montagvormittag erklärte Sachsens Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (50, Grüne), dass sich CDU und AfD in manchen Regionen nicht mehr unterscheiden würden und Merz dabei sei, die sogenannte Brandmauer einzureißen.

Doch wie steht es überhaupt um die Brandmauer im Freistaat? Gleichzeitig stehen die Fragen im Raum, ob der mediale Aufschrei um die Aussagen des CDU-Vorsitzenden im Sommerinterview überhaupt gerechtfertigt ist und welche Folgen sich daraus für die sächsische Landespolitik ergeben.

Merz selbst reagierte am Montag bereits via Twitter auf die heftige Kritik und erklärte, dass es zu keiner Zusammenarbeit mit der AfD kommen werde und dass er "es nie anders gesagt" habe.

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In der Tat lassen sich die Aussagen des CDU-Chefs auch so verstehen, dass es ihm lediglich darum ging, zu verdeutlichen, dass die politische Arbeit innerhalb eines AfD-geführten Landkreises nicht zum Stillstand kommen dürfe.

Seitens der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag sei der Aufschrei dennoch gerechtfertigt: "Die Menge an Reaktionen zeigt, dass es nichts ist, was man einfach wegignorieren könnte", so ein Sprecher der Fraktion gegenüber TAG24.

Mit seinen Aussagen im ZDF-Sommerinterview löste Friedrich Merz (67, CDU) eine kontroverse Debatte aus.
Mit seinen Aussagen im ZDF-Sommerinterview löste Friedrich Merz (67, CDU) eine kontroverse Debatte aus.  © Dominik Asbach/ZDF/dpa

Risse in der Brandmauer: So reagieren die Koalitionspartner im Sächsischen Landtag

Der sächsische SPD-Landesvorsitzende Henning Homann (43) hält Friedrich Merz für "völlig überfordert". (Archivbild)
Der sächsische SPD-Landesvorsitzende Henning Homann (43) hält Friedrich Merz für "völlig überfordert". (Archivbild)  © Heiko Rebsch/dpa

Für die Grünen, in Sachsen Koalitionspartner der CDU, sei eine rissige Brandmauer dabei "nichts Neues", so der Fraktionssprecher weiter.

Schon öfters hätten Fraktionsmitglieder, die auch auf kommunaler Ebene Mandate innehaben, beobachten können, wie CDU und AfD gemeinsam und "ohne Not" zusammen abgestimmt hätten. Als Koalitionspartner beschäftige man sich mit der Annäherung der CDU nach rechts "schon eine ganze Weile".

Das betonte auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert (41): "Brandmauern gibt's doch auch kaum mehr zwischen AfD und CDU", schrieb sie auf Twitter.

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Und wie reagiert der zweite Koalitionspartner der CDU in Sachsen, die SPD? "Friedrich Merz ist offenbar mal wieder völlig überfordert", erklärte der SPD-Landesvorsitzende Henning Homann (43) gegenüber TAG24.

Die von Merz herbeigeführte Debatte offenbare, "dass die CDU beim Umgang mit der AfD tief gespalten ist", so Homann. Von einem "medialen Aufriss" würde der SPD-Landesvorsitzende allerdings nicht sprechen, sondern von einem "innerparteilichen Streit" der CDU.

Mit Blick auf Sachsen erklärte Homann: "Der CDU-Landesvorsitzende Michael Kretschmer (48, CDU) hat bisher richtigerweise eine Zusammenarbeit mit der AfD in Sachsen ausgeschlossen. An seinem Wort muss er sich messen lassen. Der Blick in die Kommunen zeigt leider oft schon ein anderes Bild. Die CDU sollte nicht nur in Sachsen daran arbeiten, dass die politischen Handlungen zum Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundes-CDU passen."

Innerparteiliche Kritik an Merz: Wie steht MP Kretschmer zu den Aussagen des Parteichefs?

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (48, CDU) hat die Zusammenarbeit mit der AfD in Sachsen bisher ausgeschlossen. (Archivbild)
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (48, CDU) hat die Zusammenarbeit mit der AfD in Sachsen bisher ausgeschlossen. (Archivbild)  © Norbert Neumann

Dass die Aussagen von Merz innerhalb der Union bundesweit Streitpotenzial bergen, zeigten bereits erste Stimmen vieler seiner Kollegen, die sich gezwungen sahen, ihre Ablehnung gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD ausdrücklich zu betonen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte am Montagnachmittag ebenfalls, dass der Parteitagsbeschluss der CDU "eindeutig in der Sache" sei.

Gleichzeitig stellte sich der MP schützend vor seinen Parteikollegen Merz: "Wir müssen aus dem Umgang mit der NPD lernen und dürfen keine Märtyrer erzeugen, mit denen angeblich niemand sprechen will, um drängende lokale Probleme wie etwa den Bau eines Kindergartens zu lösen."

Kretschmer betonte einerseits, dass die AfD zwar eine demokratisch gewählte Partei sei, dass eine politische Zusammenarbeit aufgrund des radikalen "Wesenskerns" der Rechtspopulisten dennoch falsch sei.

Titelfoto: Bildmontage: Dominik Asbach/ZDF/dpa, Jan Woitas/dpa, Heiko Rebsch/dpa, Norbert Neumann

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