Cathleen Martin von den Freien Wählern: Beinahe wäre sie bei der CDU gelandet

Sachsen - Am 1. September ist Landtagswahl - diesmal wird die Abstimmung so spannend wie noch nie! Die Dauer-Dominanz der CDU ist dahin - schafft es die AfD, an ihr vorbeizuziehen? Und was bedeutet das für die Regierungsbildung? Können die Grünen von ihren guten Umfragewerten und dem starken Interesse am Klimaschutz profitieren? Und wird es die FDP nach der Niederlage 2014 wieder in den Landtag schaffen? In loser Folge begleitet die TAG24 die Spitzenkandidaten der aussichtsreichsten Parteien. Heute: Cathleen Martin (45, Freie Wähler).

Cathleen Martin zu Hause in ihrem Garten im Gespräch mit TAG24-Redakteurin Juliane Morgenroth.
Cathleen Martin zu Hause in ihrem Garten im Gespräch mit TAG24-Redakteurin Juliane Morgenroth.  © Norbert Neumann

Bei etwa drei Prozent liegen die Freien Wähler (FW) in Umfragen. Doch stolze 13 Prozent der Sachsen können sich vorstellen, bei der Landtagswahl für sie zu stimmen. Das lässt die FW an den Erfolg glauben. Spitzenkandidatin Cathleen Martin (45) verspricht gleich einen ganz "neuen Politikstil".

"Wir sind die Alternative zur Alternative, die Mitte, nicht links und nicht rechts", beschreibt sie die Freien Wähler, zu denen sie eher zufällig stieß. Landes-Chef Steffen Große fragte Martin, die auch Chefin der Deutschen Polizeigewerkschaft Sachsen ist, ob sie Spitzenkandidatin werden wolle. Sie wollte - obwohl sie auch schon Richtung CDU die Fühler ausgestreckt hatte. "Aber das ganze Prozedere war nichts für mich. Die FW kannte ich schon hier im Ort, das passt."

Ihr liegt Politik für die ländlichen Regionen am Herzen. Wenig überraschend, wohnt die Polizistin - derzeit Opferschutzbeauftragte der Polizei Leipzig - doch im 280-Seelen-Örtchen Zschorna bei Wurzen (Kreis Leipzig). Und zwar zusammen mit ihren Eltern und ihren beiden Söhnen (11, 18), Hunden, einer Katze und zwei Papageien.

Freie-Wähler-Spitzenkandidatin Cathleen Martin (45) wohnt in Zschorna. Praktisch: Der Mast mit ihrem Wahlplakat gehört zu ihrem Grundstück.
Freie-Wähler-Spitzenkandidatin Cathleen Martin (45) wohnt in Zschorna. Praktisch: Der Mast mit ihrem Wahlplakat gehört zu ihrem Grundstück.  © Norbert Neumann

Sie schätze die Idylle, kenne aber alle Nachteile: kein Supermarkt, kein Handynetz, kein schnelles Internet. Ein Betrieb sei wegen des lahmen Internets schon weggezogen. Und die Busverbindung ist miserabel. Hier will Martin was tun:

"Wenn ein Angebot da ist, werden viele auf den ÖPNV umsteigen, dann finanziert sich das von selbst." Oder man biete zumindest einen Kleinbus mit Bedarfsanmeldung an. "Wenn es immer heißt, der ländliche Raum stirbt wegen Überalterung aus, geht mir die Galle hoch. Das stimmt nicht."

Die FW, stark auf Gemeinde-Ebene, sehen sich als "größte Bürgerbewegung Sachsens" - eine bewusst bunt gemischte Truppe, für die bei der Kommunalwahl in Dresden auch PEGIDA-Mitbegründer und weitere rechtslastige Bewerber kandidierten. Martin hat damit kein Problem:

"Schluss ist bei Extremismus und Ausländerhass." Sie wollen ersichtlich vom Parteienverdruss vieler Bürger profitieren - bei klassischen Parteien würde alles nur von Berlin und Brüssel durchgestellt. "Wir sind nicht ideologisch und eingefahren, es gilt, das beste für die Bevölkerung zu erreichen. Wir reden mit allen", so Martin.

Also auch mit der AfD. Die FW seien für Normalbürger da. "Wir wollen an den Zuständen etwas ändern und sagen eben nicht: Es ändert sich doch eh nichts."

Sie war mal Mord-Ermittlerin

Kaffeepause im Hof: Die Polizistin wohnt gerne auf dem Land - zusammen mit ihren Eltern und Kindern.
Kaffeepause im Hof: Die Polizistin wohnt gerne auf dem Land - zusammen mit ihren Eltern und Kindern.  © Norbert Neumann

Die gebürtige Leipzigerin kennt die Landespolitik schon von ihrem Job als Sachsen-Chefin der Deutschen Polizeigewerkschaft (seit 2015).

Nach dem Abitur schlug sie die Polizeilaufbahn ein. Aktuell ist sie Opferschutzbeauftragte der Polizeidirektion Leipzig.

Zuvor war sie im Revier Oschatz Sachbearbeiterin im Kriminaldienst, davor bis Frühjahr 2018 bei der Mordkommission in Leipzig beschäftigt. Bis vor Kurzem war sie auch Stellvertretende Landesvorsitzende des Beamtenbundes.

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Dieses Amt legte sie aber zugunsten der Freien Wähler nieder. Den Gewerkschaftsjob will sie bei Einzug in den Landtag weitermachen.

Das wollen die Freien Wähler

Wie in vielen ländlichen Gebieten ist auch in Zschorna die Busanbindung miserabel. Die Politikerin will das ändern.
Wie in vielen ländlichen Gebieten ist auch in Zschorna die Busanbindung miserabel. Die Politikerin will das ändern.  © Norbert Neumann

"Mit Augenmaß bewahren und verändern" geben die Freien Wähler (FW) als Ziel aus.

Dazu gehört etwa mehr direkte Demokratie. Zudem Bürokratieabbau - geregelt werden soll nur das Nötigste. Die finanzielle Ausstattung von Kommunen soll verbessert werden.

Die Polizei soll massiv aufgestockt, 1500 statt wie bisher 700 Polizisten pro Jahr neu ausgebildet werden. Sie soll auch mehr Befugnisse bekommen (Online-Durchsuchung). Gesundes Schulessen soll kostenlos sein, ebenso Hort- und Kita-Besuch.

Die FW wollen zudem für die Erstausstattung ein "Kindergeld vor der Geburt" einführen sowie das Landeserziehungsgeld aufstocken und vereinfachen. Kommunen sollen künftig das Recht erhalten, keine weiteren Flüchtlinge mehr aufzunehmen.

Titelfoto: Norbert Neumann

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