Sachsen: Erster Offener Vollzug für weibliche Strafgefangene vor ihrer Entlassung

Wilsdruff - Eigentlich müssten sie im Gefängnis sitzen. Stattdessen verbringen die drei Frauen seit Januar ihre Tage auf einem Dreiseithof im Wilsdruffer Ortsteil Mohorn - das Frauenprojekt "Halbe Treppe" ist das bundesweit erste seiner Art für den Strafvollzug weiblicher Strafgefangener in freien Formen. TAG24 machte sich vor Ort ein Bild.

Das Sozialarbeiterteam mit Katrin Brummer (26), Dana Viebig (47), Sophia Köhler (25) und Teamleiterin Simone Stübner (43). Dazu kommen weitere vier Kollegen, drei allein im Nachtdienst.
Das Sozialarbeiterteam mit Katrin Brummer (26), Dana Viebig (47), Sophia Köhler (25) und Teamleiterin Simone Stübner (43). Dazu kommen weitere vier Kollegen, drei allein im Nachtdienst.  © Petra Hornig

Der riesige Raum direkt unterm Dach mit den gebrauchten Polstermöbeln, einem Billardtisch und dem abgeschlossenen Küchenbereich im Zentrum wirkt wohnlich.

"Das ist unser Lebensmittelpunkt", sagt die Leiterin des achtköpfigen Teams, Simone Stübner (43). Auch die drei Frauen, die hier das letzte halbe Jahr ihrer Gefängnisstrafe "absitzen", laufen durchs Bild. Mit ihnen sprechen oder Fotos machen, ist nicht erlaubt: Der Schutz der Privatsphäre geht vor.

Ihr Tagesablauf gehorcht strikten Regeln, so Stübner. Aufstehen um Sieben, Bettruhe abends um Zehn, dazwischen die Mahlzeiten und Arbeiten auf dem Hof. Ausgang ja, aber nur zu bestimmten Zeiten. Die ersten drei Tage herrscht absolutes Handy-Verbot. Geht alles klar, werden die Regeln schrittweise gelockert. Vorbereitung für die Zeit nach der Haftstrafe.

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"Das Projekt ist sehr gut angelaufen", meint Eike König-Bender (64).

Die Leiterin der Frauen-JVA Chemnitz hat das Konzept für Mohorn gemeinsam mit dem Trägerverein "Outlaw" entworfen.

Direkt unterm Dach liegt der große Wohn- und Gesellschaftsraum des Projekts "Halbe Treppe".
Direkt unterm Dach liegt der große Wohn- und Gesellschaftsraum des Projekts "Halbe Treppe".  © Petra Hornig

Ähnliche Projekte gibt es in Sachsen bereits für erwachsene Männer

Der Dreiseithof in Mohorn liegt malerisch am Hang. Die Abgeschiedenheit ist für das Projekt genau richtig.
Der Dreiseithof in Mohorn liegt malerisch am Hang. Die Abgeschiedenheit ist für das Projekt genau richtig.  © Petra Hornig

Perspektivisch sollen sechs Frauen in der Wohngemeinschaft leben, zu der auch insgesamt fünf Hunde und drei Hasen gehören - und irgendwann auch die Kinder der Frauen.

Bei der Präsentation mit Beamer in der Scheune sind auch die drei Bewohnerinnen dabei.

"Wir wollten allen danken, die das hier möglich gemacht haben", sagt eine von ihnen sinngemäß.

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Die Dorfbewohner befürworten das Projekt. Aber vom Start im Januar sei man überrascht worden, sagt Ortschaftsrat Stefan Beyer (68). "Es wäre gut, wenn sie mal zu unserer Sitzung kommen." Eine Grußadresse an Teamleiterin Stübner.

In Sachsen laufen zwei ähnliche Projekte - für erwachsene Männer in Dresden und für Jugendliche in Neukieritzsch (Leipziger Land).


Rund 250 weibliche Strafgefangene sitzen in Sachsen ein

Teamleiterin Simone Stübner (43, l.) mit Katja Meier (43, Grüne). Die Justizministerin besuchte den Hof. Fotos mit den Teilnehmerinnen des Projekts durften nicht gemacht werden.
Teamleiterin Simone Stübner (43, l.) mit Katja Meier (43, Grüne). Die Justizministerin besuchte den Hof. Fotos mit den Teilnehmerinnen des Projekts durften nicht gemacht werden.  © Petra Hornig

"Die Kosten sind höher als im geschlossenen Vollzug", gibt Justizministerin Katja Meier (43, Grüne) zu.

Fallen in der Vollzugsanstalt rund 150 Euro pro Gefangenem und Tag an, ist es hier mehr das Doppelte. Trotzdem gut angelegtes Geld. Eine erfolgreiche Resozialisiereng zahlt sich am Ende für alle aus.

In Sachsen sitzen derzeit knapp 250 weibliche Strafgefangene ein, alle im einzigen Frauenknast des Freistaates in Chemnitz.

Die bekannteste Häftlingsfrau: Beate Zschäpe (48), die 2018 für ihre Beteiligung an den NSU-Morden zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.

Titelfoto: Petra Hornig

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