Einmal hin, nix mehr drin: Hier wird ein Supermarkt völlig leer gekauft
Riesa - Im "Riesapark" hat der Real-Markt dichtgemacht. Was einkaufswütige Omis ärgert, freut Kunden aller Couleur. Denn vom Gewürzschieber bis zur Fleischertheke lag der fast 6000 Quadratmeter große Markt in Sachsen nahezu komplett unterm Hammer.
Akkuschrauber drehen rostige Schrauben aus der Fassung, während Männer in Jogginghosen Stromkreise ziehen. Zwischen Hygienebedarf und Tiernahrung muss ein Regal zusammengebrochen sein. So laut wie an diesem Montagmorgen war es hier seit über fünf Monaten nicht mehr.
Die Insolvenzwelle der "Real"-Kette im vergangenen Jahr machte auch vor Riesa nicht halt. Nach fast 32 Jahren war Ende März hier Schluss, Zukunft seitdem unklar. "Wir sorgen dafür, dass nichts weggeschmissen wird", sagt Michael Böhme (38).
Als Projektleiter der Firma "Restlos" federführt er den allerletzten Verkaufstag im Markt. Knapp 13.000 Gebote auf über 500 "Positionen" sind seit Beginn der Auktion auf seinem Schreibtisch gelandet, 107 Abholer muss er abwickeln.
"Wartet mal! Was macht ihr mit den Hubwagen?", fragt er drei Südländer, die gerade ein Kassenband durch den Markt zerren. Irritierte braune Augen blicken verständnislos zurück. Nach dreieinhalb Daumen hoch einigt man sich schweigend drauf: Die Kasse kommt raus. Und dann auch die Hubwagen zurück.
Schnäppchenjäger landen Treffer
Sandra Paulisch (41) hat einen davon nämlich gekauft. Ihr Lebensgefährte betreibt eine Spedition in Sachsen-Anhalt, deren "Ameise" ist vergangene Woche kaputtgegangen. "Ich wollte noch mehr kaufen, war aber entweder zu langsam oder zu geizig."
Doch zunächst muss Mossabs (36) alte neue Kasse in den angemieteten Umzugssprinter. Er und zwei Freunde kamen extra aus Dortmund, wo er einen arabischen Supermarkt betreibt.
"Ich habe erst gekauft und dann gecheckt, dass es Dresden und nicht Dortmund ist", lacht er. Doch das frühe Aufstehen hat sich gelohnt: Nur 500 Euro kostete die komplette Kassenzeile.
Einen ähnlichen Schnapper hat Familie Sowade gemacht. Marion (61) und Reimund (62) sind professionelle Bilderbauer. Für die Rahmenleisten brauchen sie meterlange Regale. 15 Meter kosteten sie nur 300 Euro, neu zahle man für 1,25 Meter schon mal 500 Euro. So steht dem anstehenden Firmenumzug von Dresden nach Halle nichts mehr im Wege.
Von der Kühltruhe bleibt nur die Patinaschicht, eine Umkleidekabine erinnert an Restposten-Shoppen. Nur der fischige Geruch der Frischeabteilung klebt fest an vergilbten Fliesen. Vielleicht kümmert sich ja ein neuer Marktleiter drum ...
Titelfoto: Bildmontage: Sven Gleisberg