Neue Demokratie-Studie alarmiert: Immer mehr Sachsen fühlen sich "ohnmächtig"

Neustrelitz/Dresden - Das Vertrauen der Menschen in die Leistungsfähigkeit der Demokratie bekam in den vergangenen drei Jahren tiefe Risse. Immer mehr Sachsen fühlen sich laut einer aktuellen Bevölkerungsumfrage "ohnmächtig".

Blick auf die Dresdner Altstadt. 45 Prozent der Ostdeutschen haben "Ohnmachtsgefühle" - vor allem Menschen aus niedrigen Einkommensschichten.
Blick auf die Dresdner Altstadt. 45 Prozent der Ostdeutschen haben "Ohnmachtsgefühle" - vor allem Menschen aus niedrigen Einkommensschichten.  © DPA/Robert Michael

Das Institut für Demoskopie Allensbach fühlte im Auftrag der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zivilgesellschaftliche Entwicklung den Deutschen auf den Zahn.

Die Studie "Demokratische Integration 2.0" offenbart nun, dass Ost und West an diesem Punkt nicht gleich ticken.

Nur 37 Prozent der Befragten in den neuen Ländern bewerten die Demokratie, wie sie in Deutschland gelebt wird, als beste Staatsform.

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In Westdeutschland ist es genau umgekehrt: Dort haben mehr als zwei Drittel (67 Prozent) vollstes Vertrauen in unsere Ordnung.

Während an Rhein und Ruhr 79 Prozent meinen, die Demokratie hat sich bewährt, sind es in Ostdeutschland 50 Prozent.

47 Prozent der Ostdeutschen (und 35 Prozent der Westdeutschen) fühlen sich als "einfache Bürger" gar machtlos und glauben nicht, dass sie durch politisches Engagement vor Ort etwas erreichen können.

Auffällig: Besonders Leuten mit schmalen Geldbeuteln und AfD-Anhängern fällt es schwer, sich zur Demokratie in Deutschland zu bekennen.

Die freiwillige "Mini-Feuerwehr" Langenreichenbach übt Löschen. Wo es viel Nachwuchs und aktive Vereine gibt, hat die Demokratie einen besseren Stand.
Die freiwillige "Mini-Feuerwehr" Langenreichenbach übt Löschen. Wo es viel Nachwuchs und aktive Vereine gibt, hat die Demokratie einen besseren Stand.  © dpa/Waltraud Grubitzsch
Schlechte Anbindungen an den ÖPNV gehören zu den großen Treibern in puncto Unzufriedenheit.
Schlechte Anbindungen an den ÖPNV gehören zu den großen Treibern in puncto Unzufriedenheit.  © picture alliance

Frage der Ausstrahlung

Zwei freiwillige Helfer der Initiative Direkthilfe Dresden verladen Schlafsäcke für einen Spendentransport. Unter dem Eindruck des Krieges und der Krisen schwindet das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Demokratie.
Zwei freiwillige Helfer der Initiative Direkthilfe Dresden verladen Schlafsäcke für einen Spendentransport. Unter dem Eindruck des Krieges und der Krisen schwindet das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Demokratie.  © picture alliance/ZB

Dort, wo das Vertrauen in die Demokratie groß ist, sind auch die Wahlbeteiligung und das freiwillige Engagement hoch.

Welche Rolle spielen dabei die Lebensbedingungen?

Eine große! Probleme am Wohnort (mieser ÖPNV, schlechte medizinische Versorgung, Überalterung) bestärken Pessimismus, Unzufriedenheit und letztlich Demokratie-Verdruss.

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Was sollte die Politik tun, um gegenzusteuern?

Auch der Ärztemangel auf dem Land schieben viele Sachsen "der Demokratie" in die Schuhe.
Auch der Ärztemangel auf dem Land schieben viele Sachsen "der Demokratie" in die Schuhe.  © dpa/Patrick Pleul
Gehört auch zu einer lebendigen Demokratie: Demonstrationen.
Gehört auch zu einer lebendigen Demokratie: Demonstrationen.  © B&S/Bernd März

Allensbach-Projektleiter Dr. Wilhelm Haumann: "Sinnvoll wäre, auf die Besorgnisse einzugehen, die Menschen mitzunehmen und sie nicht zu überfordern. Die Demokratie hat bislang verflixt viel geleistet. Die Politik sollte mehr Ruhe ausstrahlen."

Titelfoto: Fotomontage: dpa/Robert Michael//B&S/Bernd März// picture alliance//picture alliance/ZB

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