Nam Duy Nguyen sicherte den Wiedereinzug in den Landtag: Wer ist der "Retter der Linken"?

Leipzig/Dresden - Am kommenden Dienstag versammeln sich die Mitglieder des neu gewählten Landtags zum ersten Mal. Unter den Neulingen sitzt dann auch Nam Duy Nguyen. Der 28-Jährige sicherte der Linken mit seinem Direktmandat den Wiedereinzug in den Landtag, obwohl die Partei insgesamt unter der Fünf-Prozent-Hürde blieb. Aber wer ist der Mann? Und was ist sein Erfolgsrezept?

Freut sich über das gewonnene Direktmandat: Nam Duy Nguyen (28, Linke). Dauerhaft Politiker bleiben will er aber nicht.  © Ralf Seegers

Wie ein Mensch aussieht, der als Sohn vietnamesischer Einwanderer in Dresden geboren wurde und in Freital aufgewachsen ist, das kann man sich vorstellen. Aber wie fühlt der sich?

"Ich bin durch und durch Ossi. Leipzig ist meine zweite Heimat", sagt Nam Duy Nguyen (gesprochen etwa: Nam Sü Nüen). Seine erste sei Riesa, wo seine Eltern, als er sechs war, einen Laden eröffneten, erzählt er.

"Im Winter haben wir oft nicht geheizt." Wegen der Kosten! "Im Gymi hatten die Eltern meiner Freunde alle Einfamilienhäuser. Wir nicht."

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Als seine Eltern von einem Gemüse- auf einen Zeitungsladen umsatteln, liest der Heranwachsende alles, was ihm in die Finger kommt. Er spielt Fußball, Tischtennis, Volleyball.

In der 11. Klasse lässt er sich von der Landeszentrale für politische Bildung zum Coach an Schulen ausbilden, gibt Kurse unter anderem in Nachhaltigkeit. Nach der Schule macht er einen Bachelor in Politikwissenschaft. Das Masterstudium in Arbeitssoziologie unterbricht er für seinen Wahlkampf.

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"Leipzig ist meine zweite Heimat", sagt Nguyen. Er lebt schon seit Jahren dort. Seine eigentliche Heimat sei aber Riesa.  © imago/Christian Grube

Parlament für Nguyen nur "Durchgangsstation"

Als die Linke im Juli ihre drei Hoffnungsträger vorstellte, war noch alles offen: Nam Duy Nguyen (hinten, 2.v.r.) neben Marco Böhme (34) und Juliane Nagel (46).  © Ralf Seegers

"Sechs Wochen vor der Wahl kannte mich eigentlich niemand", meint er. Dann kommt die Kampagnenplattform Campact, spendet 25.000 Euro - um einen größeren Erfolg der AfD zu verhindern. Viele, auch Nguyen selbst, sehen das kritisch. Aber der Zweck heiligt die Mittel!

Nguyen und sein Team starten einen Haustürwahlkampf. Sie klingeln an fast 50.000 Türen. Obwohl eher introvertiert bleibt Nguyen einfach authentisch, echt, ehrlich. Und er schafft es. Er holt den Wahlkreis 25/Leipzig 1 mit 39,8 Prozent der Erststimmen.

Und jetzt? "Ich hatte schon immer einen Kompass dafür, was gerecht und ungerecht ist", sagt er. Die Nadel schlägt aus, ob er will oder nicht. Bei der Verlängerung des DHL-Vertrags für den Flughafen Leipzig zum Beispiel. "Intransparent - so was darf sich nicht wiederholen."

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Ohnehin sieht Nguyen die Linke als Kontrollinstanz für die Regierungsparteien. Ein Vollblutpolitiker? Ja und nein. Ja, wenn es um den Einsatz für die Menschen geht. Den Landtag sieht er für sich selbst aber nur als Durchgangsstation. Lehrer werden könnte ihm gefallen. Und eine Familie gründen. Wo? "In Leipzig natürlich." Wo sonst?

Rap-Erfolg half Daniel Peisker nicht an der Urne

Daniel Peisker (28) zog die Aufmerksamkeit dank eines gewitzten Rap-Videos auf sich.  © screenshot youtube

Auch Daniel Peisker ist 28 Jahre alt und wohnt wie Nguyen in Leipzig, auch er trat für die Linke an. Im Wahlkampf ist er mit einem coolen Rap über seine Heimat aufgefallen, den Muldentalkreis, der gleichzeitig auch sein Wahlkreis (WK 23) ist.

Geholfen hat es nicht. Der Grimmaer OBM Matthias Berger (55, Freie Wähler) machte das Rennen.

Trotzdem: "Das Video hatte insgesamt rund 280.000 Klicks", freut sich Peisker. Der 28-Jährige posiert darin auf einem Garagenhof, dem Grimmaer Marktplatz oder vor der Feuerwehr Belgershain. "Sag' mir, wohin soll denn die Reise geh'n?" thematisiert er die typischen Probleme auf dem Land, wie ÖPNV, Erhalt öffentlicher Einrichtungen, Bevölkerungsrückgang.

"In Großsteinberg, da gab es mal ein Bäcker-Eck. Doch wie warme Semmeln geh'n hier nur noch junge Leute weg", rappt Peisker.

Er selbst will bleiben, seinen Masterstudiengang "Governance" fertigmachen und weiter ehrenamtlich als Schatzmeister der Linken in seinem Wahlkreis arbeiten.

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