Sachsen ohne öffentlichen Schutzraum, aber mit eigenem Luftschutzmuseum
Plauen - In Sachsen erinnert das einzige Luftschutzmuseum Deutschlands an die Schrecken des Bombenkriegs vor über 70 Jahren. Die Gedenkstätte befindet sich im vogtländischen Plauen. Einst stand in der gesamten Stadt nur ein offizieller Schutzbunker zur Verfügung. Heute gibt es in ganz Sachsen keinen einzigen.
"Ich mach' das seit 1996", sagt Gert Müller (76) und führt die kleine Besuchergruppe vom neuen, 450.000 Euro teuren Empfangsgebäude ins Museumsinnere.
Ein Teil der Anlagen wurde 1858 als Bierkeller gebaut, erzählt er. Bei den Luftangriffen in den Jahren 1944/45 wurden sie als Schutzbunker genutzt. "Da standen 240 Mann Rucksack an Rucksack", weiß der sachkundige Führer.
Zahlreiche Exponate wie Granatsplitter, Teile einer englischen Fliegerbombe oder eine Luftschutz-Hausapotheke geben einen Einblick in die damalige Zeit.
Bei 14 Angriffen von Amerikanern und Briten wurden 76 Prozent der Gebäude in der Stadt zerstört. "Über 2000 Todesopfer waren zu beklagen", so Müller.
Die Menschen flüchteten sich zum Schutz in 21 Kelleranlagen, aber nur einer war offiziell ausgewiesen. Heute gibt es in ganz Ostdeutschland keinen einzigen öffentlichen Schutzraum. Im Westen sind es 579 Bunker und Schutzräume mit 480.000 Plätzen. Im Ernstfall können "nur" Tiefgaragen, Bahnhöfe, Bergwerke oder Luftschutzkeller in Wohnanlagen genutzt werden.
Sachsen ohne öffentliche Schutzräume: Kritik von Sachsens Ex-Innenminister Roland Wöller
Die Zuständigkeit liegt beim Bund. Laut der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wurden die im Ostteil Deutschlands bestehenden Schutzräume nach der Wiedervereinigung nicht in das damalige Schutzraumkonzept des Bundes übernommen. Der kalte Krieg war vorbei, warum auch?
2007 gab die damalige Bundesregierung das Schutzkonzept komplett auf. Die gestiegene militärische Bedrohung durch den russischen Krieg gegen die Ukraine hat das Lagebild verändert. Sachsens Ex-Innenminister Roland Wöller (53, CDU) kritisierte fehlende Konzepte daraufhin scharf. Im Mai schloss das BImA eine Bestandsaufnahme der Schutzmöglichkeiten ab. Die Auswertung dauert an.
Bei der Alarmierung haben Bund und Land inzwischen nachgerüstet, unter anderem mit dem Modularen Warnsystem (MoWaS) und der daran angeschlossenen Warn-App NINA. Zudem stehen rund 3200 Sirenen in Sachsen zur Verfügung.
Der nächste bundesweite Warntag ist am 14. September.
Titelfoto: Ellen Liebner