Held oder Mörder? Streit um Plauener Nazi-Kapitän
Plauen - Die Britin Helen Charles (77) überlebte im Zweiten Weltkrieg als fünf Monate altes Baby einen deutschen U-Boot-Angriff. Nun besucht sie die Heimat des damaligen, feindlichen Kommandanten: Werner Hartenstein (1908-1943), geboren in Plauen.
Der Verein International Submarine Connection U-156 Plauen (ISCP) hat das Treffen organisiert. Werner Hartenstein versenkte in der Nacht des 12. September 1942 das britische Passagierschiff "Laconia" mit mehr als 2700 Menschen an Bord. Darunter war auch Helen Charles mit ihren Eltern.
Historiker Gerd Naumann vom ISCP erklärt: "Die Laconia war zum Kriegsschiff umgerüstet worden. Hartenstein konnte nicht wissen, dass sich darauf Zivilisten und Kriegsgefangene befanden. Als er das bemerkte, ließ er die Menschen aus dem Wasser retten. Andere Kommandanten haben sich die Mühe nicht gemacht."
Mehr als 1600 Personen starben bei der Attacke, knapp 1100 überlebten.
Der Verein ISCP will Hartensteins, der 1943 bei einem Luftangriff auf sein U-Boot im Atlantik starb, gedenken.
Überlebende besucht am Montag Plauen
Ab Montag wird die Waliserin Charles an Plauener Gymnasien die Geschichte ihrer Familie erzählen. "Sie legt großen Wert darauf, dass wir alle zusammenstehen. Damit so etwas nie wieder passiert", sagt ISCP-Geschäftsführer Wilfried Pönitz.
Am 12. September um 17 Uhr ist eine Andacht mit ihr in der Pauluskirche geplant.
Seit 2011 erinnert eine zweisprachige Tafel in der Pauluskirche an Hartenstein - gestiftet von "Laconia"-Überlebenden. Zudem gibt es den Wunsch, eine Straße in Plauen nach dem U-Boot-Kapitän zu benennen.
Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (59, FDP) ist dagegen. Zwar habe Hartensteins humanistisches Handeln vielen Menschen das Leben gerettet, das Aufrechnen von Geretteten und Getöteten mache aber keinen Sinn. Schließlich habe die deutsche U-Bootflotte unzählige Kriegs- und Handelsschiffe der Alliierten im Atlantik versenkt.