Kunden in ganz Europa: Sächsische Bällebäder für alle
Reichenbach - Robert Doller (34) aus Reichenbach (Vogtlandkreis) ist der Herr der Bälle. Der pfiffige Vogtländer handelt mit bunten Kugeln und mobilen Bällebädern. Seine Bälle purzelten in eine Marktlücke.
Als ganz spezieller Bad-Installateur hat sich Doller inzwischen ein europaweit einmaliges Bällebad-Imperium aufgebaut. Aus seinem Firmensitz im beschaulichen Reichenbach erobert er längst nicht nur die Herzen von Kindern. Fast alle seine Kunden lassen Erwachsene in den bunten Bädern made in Saxony abtauchen.
Täglich erreichen ihn drei bis vier neue Anfragen. Um alle Kundenwünsche erfüllen zu können, bunkert er auf 400 Quadratmetern einer ehemaligen Tischlerei 200.000 Bälle. Hier ist seine Geschichte vom sächsischen Bälleparadies:
Mal ehrlich, wer würde sich beim Anblick eines Bällebades beim Möbeldiscounter nicht auch gern mal in die bunte Pracht hineinfallen lassen. Nur so zum Spaß natürlich. Kaum zu glauben, doch dieser heimliche Wunsch ist Massenware!
Was bislang nur als kindliches Vergnügen bekannt war, erobert gerade tatsächlich die Erwachsenenwelt.
Die Entspannungsbäder für Firmen, Kongresse und Messen kommen dabei meist exklusiv aus dem Vogtland, aus der kleinen Drei-Mann-Firma Neolighting von Robert Doller. Vor seiner Zeit als Herr der Bälle tourte er als Medien- und Veranstaltungstechniker durch die Lande, baute Messestände oder Bühnen- samt Lichttechnik auf.
2009 startete er damit als eigene Firma bei der Landesgartenschau in seiner vogtländischen Heimatstadt Reichenbach.
Doller begann mit Online-Shop für Kinderspielzeug
Später saß Doller an den Reglern von "Sounds of Hollywood" der Vogtland Philharmonie oder bei Veranstaltungen im Stadtmuseum von Frankfurt/Main.
Doch mit der Zeit wurde die Auftragslage immer dünner, die Bezahlung schlechter und die Technik immer teurer. "Ich musste zum Beispiel Bühnenscheinwerfer vorhalten, die pro Stück 4000 Euro kosten." Kein Wunder, dass sich Doller 2014 nach einem neuen Standbein umschaute. Und zwar in China! "Ich reiste mit meiner Lebensgefährtin nach Peking und Shanghai, um mir vor Ort anzusehen, wie Produzieren und Exportieren funktioniert."
Denn Doller baute hierzulande einen Onlineshop für Kinderspielzeug, Sportmatten und Bällebäder auf. Doch als 2017 seine erste Tochter geboren wurde, wollte er kürzertreten und verkaufte den Internetladen. Die Bällebäder blieben und zogen plötzlich Kunden aus ganz Europa und aller Welt an. Aber nicht etwa für Indoor-Spielplätze, Kinderfeste, Kindergärten oder Kindergeburtstage. "Sie machen nur etwa fünf Prozent der Bestellungen aus", weiß Doller. "Die große Mehrzahl wird für Fachmessen, Firmen-Events und Pausenräume bestellt, wo sie Erwachsene nutzen sollen."
Den ersten großen Firmenkunden vergisst man nie: "Die Drogeriemarktkette dm ließ sich ein Bällebad auf die Lifestylemesse 'GLOW - The Beauty Convention' nach Dortmund liefern." Dort sprangen Jugendliche ins Plastikbad. Die Kundschaft wurde zunehmend reifer.
Firmen bieten Mitarbeitern Entspannung im Bällebad
Inzwischen lassen immer mehr Unternehmen ihre Belegschaft baden gehen. So ließ sich die Payback-Zentrale in München ebenso ein Bällebad aufbauen wie "ToysRus" in Augsburg oder der österreichische Rundfunk Ö3 in Wien. Statt Entspannung am Billardtisch wird den Kollegen neuerdings Entspannung im Bällebad mit dem Laptop vor sich ermöglicht. Schöne neue Arbeitswelt ...
Der Münchner Flughafen orderte die sächsischen Badeparadiese für seine Family & Music Days. Für Firmenfeiern wurden sie von Lufthansa und Eurowings sowie für Facebook nach Babelsberg bestellt, von einer Schweizer Hotelkette für eine Tagung auf ein Flusskreuzfahrtschiff auf der Donau in Passau und immer wieder bei Personalmessen in Köln oder München.
"Da lassen sich dann gestandene Geschäftsleute in Schlips und Anzug oder einmal sogar Fernsehmoderator Ross Antony ganz entspannt ins Bällemeer fallen", wunderte sich Doller anfangs doll.
"Ich stand wie ein Bademeister ganz perplex daneben."
Sächsisches Bällebad schon im ARD-Tatort zu sehen
Die sächsischen Erlebnisbäder schafften es sogar schon in den ARD-"Tatort", wo ein Verhörraum zum Bällebad wurde. Bestellungen kommen auch aus Frankreich, Italien, Spanien oder England, wo zuletzt eine Werbeagentur insgesamt 250.000 Bälle innerhalb von zwei Monaten orderte. Doller: "In Coronazeiten moderierten zudem viele Influencer und TikToker aus unseren Bällebädern."
Nur der Export nach Australien musste eingestellt werden, obwohl zum Beispiel ein Privatmann stückweise 20.000 Bälle bestellte. "Die Versandkosten nach Down under sind um 50 Prozent gestiegen."
Seine Bäder werden in der Reichenbacher Firmenzentrale maßgeschneidert angefertigt. Der Lieblingspool der Kundschaft misst vier mal vier Meter, besteht aus Schaumstoff ("Damit man sich am Wannenrand nicht stoßen kann") und fasst locker 20.000 Bälle. Die muss man erst mal transportiert bekommen. "Dafür legte ich mir zwei 3,5-Tonnen-Transporter zu", sagt Doller.
Der Aufbau vor Ort ist inklusive und normgerecht: "Vom Messebau kenne ich noch die Brandschutzvorschriften und TÜV-Auflagen."
Mittwochs ist Waschtag
Immer Mittwoch ist Waschtag. Dann müssen sich die benutzten Bälle einer ausgeklügelten Reinigungs- und seit Corona auch Desinfektionsprozedur unterziehen. "Schließlich kippt bei den Partys gern mal ein Gläschen Sekt oder Bier ins Bad", weiß Doller. Dafür rollen sie in eine nur für Bälle patentierte und für 6000 Euro extra angeschaffte Spezialwaschmaschine aus Holland. Sie saugt Ball für Ball einzeln an, wäscht und bürstet sie. "In einem Waschsack müssen sie danach sechs Stunden trocknen", erklärt Doller. Das Reinemachen von 65.000 Kugeln dauert einen ganzen Tag!
Die Kundenwünsche sind so bunt wie die Bälle selbst. Lufthansa wünschte sich transparente Kugeln. Einmal wurde nach herzförmigen Bällen gefragt. Nur der Auftrag für die Berliner Erotikmesse Venus 2019 scheiterte. Doller: "Sie wollten 7500 Bälle in Form von Penissen und Vulvas - das war einfach zu kompliziert."
Ihr wollt auch mal mit Bällen baden? Ein 3 x 3 Meter großes Bällebad mit 8500 Kugeln kann man ab 450 Euro plus Versand kaufen. 3000 Bälle für den heimischen Jacuzzi schlagen mit etwa 150 Euro zu Buche. baellebad-und-mehr.de
Titelfoto: Eric Münch