Gewalt gegen Schüler: Wirbel um Elternbrief
Crimmitschau – Ein Elternbrief des Julius-Motteler-Gymnasiums sorgt derzeit für heftige Diskussionen. In dem Schreiben wurden Eltern über Vorfälle informiert, bei denen Schüler von "ausländischen Jugendlichen" belästigt und teilweise erpresst worden sein sollen.

Nach Veröffentlichung des Briefes sieht sich die Schule nun mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert. Doch wie die Schulleiterin Katrin Penzel erklärte, sei der Brief nicht als politische Aussage gemeint gewesen, sondern als Schutzmaßnahme für die Schüler.
Die Schulleiterin verteidigte den Elternbrief dennoch. Sie stellte klar, dass dieser ursprünglich nur intern über eine schulinterne Plattform verschickt wurde: "Ganz einfach, um die Eltern und auch die Schüler zu sensibilisieren, wenn ihnen so etwas passiert, dass sie sich jemandem anvertrauen und dass das auf jeden Fall zur Anzeige gebracht wird."
Als Grundlage für das Schreiben diente eine Meldung des Ordnungsamtes, in der ein Vorfall in Crimmitschau dokumentiert wurde. Darin sei nur von einem "vermutlich ausländischen" Täter die Rede gewesen.
Die Schulleiterin erklärte weiter, dass sich später auch ein Schüler aus ihrer Schule gemeldet habe, der von ähnlichen Vorfällen betroffen sei, sich jedoch nicht getraut habe, diese anzuzeigen. Die Schulleiterin betonte: "Es ist egal, ob das deutsche Jugendliche sind oder ausländische, es ist gleiches Recht für alle."
Stadtverwaltung sieht keine erhöhte Gefahr

Während der Elternbrief in Crimmitschau für große Unsicherheit sorgt, stuft die Stadtverwaltung die Situation anders ein. In einer schriftlichen Stellungnahme bestätigte Stefan Aurich, Fachbereichsleiter für Bildung, Kultur und Sport, lediglich einen einzigen dokumentierten Fall.
"Die Sicherheitslage für Schüler und Jugendliche hat sich nicht verschlechtert."
Auch auf die Frage, ob das Ordnungsamt verstärkte Streifen durchführe, gab es eine klare Antwort: "Nein."
Laut Stadtverwaltung gebe es auch keine offiziellen Kooperationen zwischen Stadt, Polizei und Schulen, um die Sicherheit von Schülern zu verbessern.
Rassismus-Vorwürfe gegen die Schule

Nachdem der Elternbrief bekannt wurde, gab es heftige Reaktionen. Einige Menschen warfen der Schule Rassismus vor, wie die Schulleiterin bestätigte: "Mir hat unsere Sekretärin gesagt, dass halt in den letzten Tagen wohl auch ein paar wütende Leute angerufen haben und uns Rassismus vorgeworfen haben."
Sie räumte ein, dass ihre Wortwahl möglicherweise unglücklich gewesen sei, betonte jedoch: "Vielleicht habe ich mich nicht so günstig ausgedrückt dazu, dass man das vielleicht rein interpretieren könnte. Ich finde es wirklich schade, dass es instrumentalisiert wird von, anderen Parteien im Grunde für die Wahl."
Inzwischen wurde bekannt, dass nicht nur das Julius-Motteler-Gymnasium einen solchen Elternbrief verfasst hat. Auch andere Schulen in Crimmitschau haben ähnliche Schreiben verschickt. Die Schulleiterin erklärte dazu: "Wir haben uns jetzt nicht mit den Briefen irgendwo abgesprochen dazu. Ich wusste im Vorhinein auch nicht, dass alle Schulen das gekriegt haben." Dennoch bleibt die Diskussion über den richtigen Umgang mit solchen Sicherheitswarnungen bestehen. Die Schulleiterin sagte abschließend: "Wir müssen einfach alle schauen und unsere Kinder wirklich ermutigen, dass sie dann etwas sagen und dass keiner irgendwo mit Angst durch eine Stadt gehen muss, in Angst, dass da irgendjemand kommt, egal ob es Jugendliche sind oder Erwachsene."
Der Fall zeigt, wie schwierig es für Schulen ist, über Sicherheitsprobleme zu informieren, ohne sich politischen Vorwürfen auszusetzen. Während die Stadtverwaltung keinen Anlass zur Sorge sieht, fühlen sich einige Eltern und Schüler unsicher. Die Debatte wird also weitergehen und der richtige Umgang mit solchen Warnungen bleibt eine offene Frage.
Kommentar: Keine Ängste schüren
Von Lena Plischke
Die Sicherheit von Schülern ist ein wichtiges Thema. Es ist absolut richtig, Eltern für mögliche Gefahren zu sensibilisieren. Schulen haben die Verantwortung, auf Vorfälle aufmerksam zu machen und Schüler zu ermutigen, sich in bedrohlichen Situationen Hilfe zu suchen. Doch gerade bei solch sensiblen Themen muss die Kommunikation mit besonderer Sorgfalt erfolgen.
Genau hier liegt das Problem des Crimmitschauer Elternbriefs. Die Formulierung, die explizit eine Tätergruppe nach Herkunft benennt, hat nicht nur für Kritik gesorgt, sondern auch dazu geführt, dass der eigentliche Fokus des Schreibens - die Sicherheit der Schüler - in den Hintergrund gerückt ist. Die Schule wollte warnen. Doch ohne eine vorherige Abstimmung mit Behörden und eine genaue Einordnung der Lage kann ein solches Schreiben schnell unbeabsichtigt Ängste schüren. Die Stadtverwaltung selbst erklärt, dass ihr nur ein einziger aktenkundiger Fall bekannt ist und keine verschärfte Bedrohungslage besteht.
Gerade deshalb wäre eine koordinierte Kommunikation zwischen Schulen, Polizei und Stadtverwaltung entscheidend gewesen. Nur so lassen sich Eltern sachlich informieren, ohne dass unnötige Unsicherheit verbreitet wird. Denn wenn eine Warnung mehr Debatten über ihre Wortwahl als über das eigentliche Problem auslöst, verfehlt sie ihren Zweck.
Sensibilisierung ist wichtig. Aber sie muss faktenbasiert, bedacht formuliert und gut abgestimmt sein.
Titelfoto: Ralph Kunz