Nach der Wahl ist vor der Wahl: Sachsens Parteien zwischen Party-Laune und Wundenlecken!

Dresden - Am Tag nach den Europa- und Kommunalwahlen zogen die Parteichefs Bilanz. Ihre Stimmung pendelt zwischen Euphorie, Demut und Angriffslust - vor allem mit Blick auf die anstehende Landtagswahl am 1. September.

Jörg Urban (59, AfD) reimte zufrieden gar: "Advent, Advent, die grüne Hütte brennt."
Jörg Urban (59, AfD) reimte zufrieden gar: "Advent, Advent, die grüne Hütte brennt."  © Norbert Neumann

Sachsens AfD-Chef Jörg Urban (59) jubelte: "Wir werden als Volkspartei nicht nur in der Fläche angenommen." Er fordert die Christdemokraten auf, sich zu "bewegen".

Urban: "Die CDU sollte nachdenken, ob sie mit Michael Kretschmer die richtige Führungsposition für ihre Partei hat. Er ist einer von denen, die den Brandmauer-Kurs am härtesten fahren. Nicht zum Erfolg der CDU und zum Wohl des Landes."

Alexander Dierks (36) stellte als CDU-Generalsekretär klar: "Die Ampel-Parteien wurden bei der Europawahl abgestraft." Er räumt aber auch ein, dass seine Partei es nicht geschafft hat, den Unmut in der Bevölkerung umzumünzen.

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Er erwartet von den CDU-Fraktionen in den kommunalen Vertretungen, dass sie eigene Positionen und Anträge erarbeiten, um sich künftig von der AfD abzusetzen. Dierks bekräftigte, dass seine Partei "mit einem starken Ministerpräsidenten als Spitzenkandidaten in die Landtagswahl gehen wird".

Alexander Dierks (36, CDU).
Alexander Dierks (36, CDU).  © Norbert Neumann

Pure Enttäuschung bei Grünen und Linken!

Stefan Hartmann (60, Linke).
Stefan Hartmann (60, Linke).  © Robert Michael/dpa

Pure Enttäuschung bei Linken und Grünen. Parteichef Stefan Hartmann (60, Linke) schöpft demütig Hoffnung aus dem guten Abschneiden seiner Partei in Leipzig (zweitstärkste Kraft im Stadtrat) und kündigt an, um jede Stimme zu kämpfen, damit seine Partei im neuen Landtag wieder vertreten ist.

"Vor uns liegt viel Arbeit", konstatierte die Landesvorsitzende der Grünen, Christin Furtenbacher (40). Sie monierte, dass der politische Diskurs völlig vergiftet sei in Sachsen. Sie zweifele nicht daran, dass die Grünen im Herbst die 5-Prozent-Hürde überspringen.

Der Co-Landeschef der SPD Henning Homann (44) sprach von einer "Denkzettel-Wahl für die Ampel" und dem brutalsten Wahlkampf aller Zeiten.

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Seine Partei beklagt Schäden an Wahlplakaten in Höhe von mehreren Zehntausend Euro. Homann will jetzt "nach Lösungen statt nach Schuldigen suchen", damit seine Partei auch wieder im neuen Landtag vertreten ist.

Mit dem strahlenden Lächeln eines Siegers präsentierte sich BSW-Landeschef Jörg Scheibe (61): "Das Ergebnis beflügelt uns." Er verortet das Bündnis als Newcomer auf der Polit-Bühne in der bürgerlichen Mitte. Scheibe in die Zukunft schauend: "Wir können uns nicht vorstellen, dass Sachsen einen AfD-Ministerpräsidenten bekommt."

Christin Furtenbacher (40, Grüne).
Christin Furtenbacher (40, Grüne).  © Norbert Neumann
Henning Homann (44, SPD).
Henning Homann (44, SPD).  © Norbert Neumann
Jörg Scheibe (61, BSW).
Jörg Scheibe (61, BSW).  © Norbert Neumann

Michael Kretschmer verlangt Kurswechsel

Michael Kretschmer (49, CDU) will den Populisten den Nährboden entziehen.
Michael Kretschmer (49, CDU) will den Populisten den Nährboden entziehen.  © Robert Michael/dpa

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) verlangt nach den AfD-Wahlerfolgen in Ostdeutschland von der Ampel-Koalition unter Kanzler Olaf Scholz (65, SPD) und auch von seiner eigenen Partei einen klaren Kurswechsel.

"Dieses Land braucht eine stabile Demokratie, aber das gelingt nur, wenn die Demokratie, wenn der Rechtsstaat wirklich die Probleme löst, dann werden wir es schaffen, auch den Populisten den Nährboden zu entziehen", sagte Kretschmer gestern in Berlin.

Angesichts der Ankündigung der Neuwahl des französischen Parlaments forderte er, Scholz "muss darüber nachdenken, ob er das auch tun sollte oder ob er unsere ausgestreckte Hand ergreift und wir gemeinsam die großen Themen klären".

Ein Weiter so könne es nicht geben. Die Themen seien in den vergangenen zwei Jahren die gleichen gewesen, sagte Kretschmer: "Migration, Energiepolitik, ein übergriffiger Staat und die Frage, wie man mit diesem Krieg, mit diesem furchtbaren Krieg in der Ukraine umgeht."

Titelfoto: Bildmontage: Norbert Neumann

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