Vor 30 Jahren begann Sachsen-Abenteuer: Herr Biedenkopf, wie war das mit IKEA?

Dresden - "30 Jahre Sachsen" - das sind Jahrzehnte des Aufbaus und der Gestaltung, nicht selten verbunden mit Irrtümern, Intrigen und Skandalen, auch und gerade in der Politik. TAG24 schaut, was aus den Politikern der ersten Stunde geworden ist.

Es geht nur miteinander. Ingrid (89) und Kurt Biedenkopf (90) in Dresden.
Es geht nur miteinander. Ingrid (89) und Kurt Biedenkopf (90) in Dresden.  © Amac Garbe

Langsam tippeln sie über den Dresdner Neumarkt: Ingrid (89) und Kurt Biedenkopf (90). Sie stützen einander. 40 Jahre Ehe haben sie privat zu einer Einheit verschmolzen. 

Das einst mächtigste Paar im politischen Sachsen lebt nach einer Wohn-Odyssee und dem Verkauf des Hauses am Chiemsee 2018 nun in Sichtweite der Frauenkirche. Der nächste Umzug ist bereits geplant, das neue Kanzlei-Büro frisch eingerichtet. Bis dahin geht es täglich ins Restaurant "edelweiss" am Neumarkt, wo am heutigen Sonntag TAG24 mit am Tisch sitzt.

Das Sachsen-Abenteuer begann für das Paar vor 30 Jahren mit einem Anruf am 25. August. "Nachts halb eins. Lothar Späth war am Apparat", erinnern sich beide. "Die CDU-Leute hier waren verzweifelt, dass sie niemanden finden, den sie rufen können", erzählt er. Sie ergänzt: "Nach einer stillen halben Stunde war die Sache entschieden."

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Am 27. August wird Biedenkopf als Spitzenkandidat der sächsischen CDU präsentiert. Biko selbst kommt das Ganze "sehr unwirklich" vor, wie er in seinen - vom Freistaat mitfinanzierten - Tagebuchveröffentlichungen von 2015 schreibt. "Wir sind beide gekommen, um zu helfen." - In Sachen Demokratie-erlernen und Wiederaufbau. "Man kann die Menschen in Ostdeutschland nicht alleine lassen, sagten wir uns."

Es folgen Erdrutsch-Wahlsiege. Gewohnt wird in einer Minister-WG in einem ehemaligen Stasi-Gästehaus. Ingrid bekocht alle. Der bisherigen Wirtschafterin besorgt sie eine Stelle in einem Kaufhaus. Sachsen wird zum Musterland im Osten. 

Der Name "König Kurt" entsteht, noch heute grüßen die Leute.

Wie war das mit der IKEA-Affäre?

Ziemlich beste Feinde: Biko und Georg Milbradt (heute 73, CDU)
Ziemlich beste Feinde: Biko und Georg Milbradt (heute 73, CDU)  © imago images/momentphoto/Ronald Bonß

Die CDU ist eine Macht im Land. Und es gibt eine Schattenmacht: Das "Büro Ingrid Biedenkopf" provoziert Kritik. "Aber von den Menschen, die Hilfe suchten, bestimmt nicht", verteidigt sie sich heute. 

Und er weist darauf hin, dass unter anderem die Wiedergeburt des Radon-Heilbades in Schlema ihrem Einsatz zu verdanken ist. Es folgt das Beispiel einer alleinerziehenden Mutter, der Ingrid unbürokratisch half. 

Im Übrigen habe der Landtag dem Büro Personal genehmigt. 

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Kritikern entgegnet er: "Wenn Hunderten geholfen wird, dann lasst mal lieber die Finger weg." Tatsächlich wandten sich über Jahre unzählige Bürger in der Tradition der Eingabe an sie, um Missstände abzustellen oder um dies oder jenes zu beschleunigen. Sie winkt bescheiden ab: "Weißt Du Kurt-Hans, ich kann mich ganz gut durchsetzen. Vielleicht hätte ich bezahlt werden können, aber ich wollte es nicht."

Einen Nachhall haben auch IKEA-Affäre (Er empört: "Das war alles anders, es gab Zeugen.") und Mietaffäre (Sie empört: "Da sind wir rausgesetzt worden."). Bei IKEA ging es ums Rabattfeilschen, beim Thema Staats-Wohnsitz um gesparte Miete.

Ungefragt fällt der Name Georg Milbradt. Biedenkopf hat die vorgeblichen Intrigen seines Nachfolgers 2002 nicht vergessen. Keine Erwähnung findet der Rauswurf Milbradts vorher, im Januar 2001. Was Biko über ihn sagt, ist unfein und soll auch nicht geschrieben werden. "Streichen Sie das", weist Ingrid an.

Ganz am Ende der Erinnerungsstunde wird es sehr privat: "Er hatte vor etwa fünf Jahren diese Sepsis", beginnt sie und er vollendet: "... die ich ohne Dich nicht überlebt hätte". Dann schildert er, der damalige Koma-Patient, die Macht ihrer Anwesenheit am Krankenbett. Kosenamen werden ausgetauscht. 

Im Januar wird Biko 91 Jahre alt.

Staatstragend in seinem Büro in der Staatskanzlei.
Staatstragend in seinem Büro in der Staatskanzlei.  © imago images/Sepp Spiegl

Die Biografie: Das ist Biedenkopf

Noch immer ist der Ministerpräsident a.D. gern auf Veranstaltungen gesehen.
Noch immer ist der Ministerpräsident a.D. gern auf Veranstaltungen gesehen.  © dpa/Michael Kappeler

Biedenkopf wird 1930 in Ludwigshafen (Pfalz) geboren. 

Er studiert Jura und Nationalökonomie, tritt 1966 in die CDU ein. 1973 wird er Generalsekretär der CDU (bis 1977). Zudem sitzt er 1976 bis 1980 im Bundestag. Ab dem Sommersemester 1990 unterrichtet er als Gastprofessor an der Uni Leipzig. 

Von November 1990 bis April 2002 ist er Landesvater in Sachsen. 

Als Hauptgrund für seinen Rücktritt gibt der Politiker damals "Intrigen" gegen ihn an. 

Biedenkopf bei seiner ersten Vereidigung in Sachsen November 1990 in der Dresdner Dreikönigskirche.
Biedenkopf bei seiner ersten Vereidigung in Sachsen November 1990 in der Dresdner Dreikönigskirche.  © dapd/Klaus Thiere

Sein Landtagsmandat behält er noch bis Oktober 2004.

Titelfoto: Amac Garbe/dpa/Michael Kappeler

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