Lauter Knall nahe Leipzig: "Als würde das Haus angehoben und fallen gelassen werden"
Von Anke Brod
Brandis - Die Ursache für die heftige Detonation am Abend des 11. Januar im Brandiser Ortsteil Beucha (Landkreis Leipzig) ist eineinhalb Wochen danach immer noch unklar. Der rätselhafte Vorfall schaffte es sogar in ein Fachportal. Jetzt fragt man sich: Stürzte in der Region ein unterirdischer Hohlraum ein? TAG24 sprach mit Ohrenzeugen, die weiterhin aufgewühlt bleiben.
"Es war kein Knall wie zu Silvester", meinte etwa Matthias Reinhardt (62) aus dem Wohngebiet "Viehweide".
Er sei eher dumpf gewesen. Sein erster Gedanke ging demzufolge in Richtung "Kesselexplosion" oder "etwas bei den Nachbarn". Sein Haus habe gewackelt, die kleine Restmülltonne sei umgefallen. "Man hat es im Körper gespürt."
Kurz darauf gingen bei Polizei und Feuerwehr von mehreren Stellen im Ort die Notrufe ein.
"Nach einer Viertelstunde Sirenen standen sie dann in der Parthenaue", erinnerte sich Anwohner Jens Kirsten (60). Die Einsatzkräfte starteten eine große Lageerkundung, schauten akribisch auch in Kellern nach.
Er selbst habe zum Zeitpunkt des Vorfalls zu Hause auf der Couch gelegen. "Plötzlich gab es einen kurzen, heftigen Hieb", fuhr der Beuchaer fort. Und: "Die Scheiben wackelten." Sein Vater sei panisch vom Obergeschoss zu ihm nach unten gekommen.
Nachhaltig beeindruckt zeigte sich auch Anwohnerin Sylke Wallbaum (61). "Mein Mann und ich saßen im Wohnzimmer, als es gegen 19.30 Uhr plötzlich einen Knall mit Erschütterung gab", schilderte sie.
"Das kam von unten, wobei wir erst dachten, dass etwas bei uns im Keller explodiert wäre. Kein Erdbeben, aber wie eine Explosion oder Verpuffung."
Detonation im Landkreis Leipzig: "Haus wie von unten angehoben"
Thomas Vetter (67) erlebte die Sache ebenfalls recht bedrohlich. "Es fühlte sich an, als würde das Haus von unten angehoben und dann wieder fallen gelassen", berichtete er.
Unvermittelt habe es einen lauten Knall gegeben - kurz und heftig, das Haus habe geschwankt. Im Keller habe er nach den Gas- und Wasserleitungen gesehen. Fehlanzeige! Vetter ordnete das Geschehen letztlich aus Richtung Parthenaue, Wolfshain ein.
In der Umgebung wird aktiver Kiesabbau betrieben. Darüber hinaus scheint ein möglicher Zusammenhang der Explosion mit dem Beuchaer Granit-Steinbruch der Firma Ruppert GmbH und Co. KG vom Tisch zu sein.
"Unser Steinbruch hat nichts damit zu tun", sagte die örtliche Betriebsleitung gegenüber TAG24. "Dem wurde behördlich nachgegangen, man hat keine Schäden festgestellt."
"Ich verstehe die Sorgen der Anwohner", sagte der Brandiser Bürgermeister Arno Jesse (62, SPD) zu TAG24. Die Sache sei für ihn "mysteriös". Es seien keine Schäden gemeldet worden. "Als Stadt sind uns hier die Hände gebunden", bedauerte er. Die Behörden müssten aktiv werden. Er verweist betroffene Bürger an das sächsische Oberbergamt in Freiberg.
Als Sonderordnungsbehörde nimmt diese Aufgaben zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, insbesondere zur Beseitigung von Gefahrenstellen an unterirdischen Hohlräumen bergbaulichen und sonstigen Ursprungs wahr.
Explosion zieht Wissenschaftler an
Aus seismologischer Sicht werfe das Ereignis Fragen auf, schreibt "Erdbeben News". Stationen im Umkreis von mehr als 150 Kilometern hätten es registriert.
Kleinere Erdbeben habe es im Umfeld des im Erdbebengebiet Leipziger Bucht liegenden Branis in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, schreibt das Portal.
"Doch das, was seismologische Stationen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen am 11. Januar um 19:36 Uhr MEZ registrierten, war anders als gewöhnliche Erdbeben."
Demzufolge zeichnete die Station Collmberg, 30 Kilometer östlich von Beucha, ein ungewöhnlich langwelliges Signal auf.
Typisch für Oberflächenwellen, die man von "sehr oberflächennahen seismischen Ereignissen in sehr geringer Tiefe" kenne.
Meist seien das "induzierte Erdbeben" oder Sprengungen knapp unter der Erdoberfläche wie in einem Steinbruch.
Einstürze und Senkungen in Bergbaugebieten wie diesem könne es auch viele Jahrzehnte nach Stilllegung geben, die zu "induzierten Erdbeben" führen können. Einen Beleg dafür gibt es im vorliegenden Fall nicht.
Titelfoto: Montage: Anke Brod