Wahlbetrug bei Landtagswahl in Sachsen: Das passiert jetzt mit den Stimmzetteln!
Dresden - Wie geht man mit dem mutmaßlichen Wahlbetrug bei der Landtagswahl in Dresden um und was passiert jetzt mit den 111 gefälschten Stimmzetteln, von denen die rechtsextremen Freien Sachsen profitierten? Damit befasst sich seit dem Morgen der Kreiswahlausschuss im Dresdner Rathaus.
Zuvorderst befasste sich der Ausschuss (sieben Mitglieder) mit den, wie zunächst angenommen, 112 manipulierten Stimmzetteln, die durch die Verwaltung in allen acht Dresdner Wahlkreisen festgestellt worden sind, davon 85 in Langebrück.
Die Betrugsmasche: Der oder die Täter überklebten auf den Stimmzetteln die bereits ausgefüllten Felder (verschiedene Politiker und Parteien betroffen) und setzten beide Kreuze dann bei den Freien Sachsen.
"Fast schon professionell", nannte Kreiswahlleiter Markus Blocher (55) diese Manipulation. Betroffen sei nur die Briefwahl.
Mittlerweile habe man alle so abgegebenen Stimmzettel überprüft, auf denen beide Stimmen den Freien Sachsen gegeben worden waren. Von den (vermeintlich) 112 manipulierten Stimmzetteln waren am Wahltag, an dem nicht alle Fälschungen gleich aufgefallen waren, 83 für gültig, 29 für ungültig erklärt worden.
In Einzelfällen nahmen örtliche Wahlvorstände an, das Überkleben sei von den Wählern selbst vorgenommen worden, um einen Fehler zu korrigieren. Erst später wurde "die Systematik der Manipulation sichtbar", so Blocher.
Ausschuss wertet alle manipulierten Stimmzettel als ungültig
Alle manipulierten Stimmzettel waren im Ausschuss in Folien versiegelt, gelten als polizeiliches Beweismittel. "Wir dürfen keine Fingerabdrücke darauf hinterlassen", so Blocher.
Obwohl die original gesetzten Kreuze in vielen Fällen noch nachvollziehbar sind, also der Wählerwille erkennbar, entschied sich der Ausschuss nach Abstimmung mit 3:4 Stimmen dagegen, jeden einzelnen Stimmzettel entsprechend zu prüfen und die Stimmen gegebenenfalls zu werten.
Hauptgrund dafür waren rechtliche Bedenken Blochers zur Zulässigkeit dieses Verfahrens. Folgen für die Mandatsverteilung hätte es demnach ohnehin keine gegeben, egal wie man sich entschieden hätte.
Blocher meldete auch gegen einen Antrag auf komplette Neuauszählung aller Stimmen juristische Bedenken an. Letztlich entschied sich der Ausschuss, alle manipulierten Stimmzettel, als ungültig zu werten.
Der als Gast anwesende Landtagsabgeordnete Valentin Lippmann (33, Grüne) kritisierte in Teilen Blochers Rechtsauffassung und sieht im Ergebnis das Vertrauen in die Demokratie als beschädigt an. "Es bleibt der Makel, dass die ursprünglich abgegebenen Stimme nicht berücksichtigt werden. Zumindest das ist den Fälschern gelungen."
Am Abend wurde das Dresdner Wahlergebnis amtlich bestätigt. Außerdem wurde die Zahl der gefälschten Stimmzettel von 112 auf 111 korrigiert - einer war doch nicht nachträglich manipuliert worden.
Erstmeldung 14.15 Uhr. Update 18 Uhr.
Titelfoto: Bildmontage: Steffen Füssel