Rechtsruck im Freistaat: Wie Sachsens Wirtschafts-Bosse die Wahl bewerten
Dresden - Die Besorgnis in der sächsischen Wirtschaft über den Erfolg rechtsextremer oder populistischer Parteien bei der Landtagswahl ist groß.
Abgesehen von dem Riss, der sichtbar durch die Gesellschaft geht, sind es vor allem die Ressentiments gegenüber Ausländern, die die Wirtschaftsbosse beunruhigen. Gefährdet der Rechtsruck im Freistaat den Wirtschaftsstandort Sachsen?
Marco Rutzke (40) führt ein kleines Software-Unternehmen mit 20 Mitarbeitern unter anderem in Düsseldorf, Chemnitz und Berlin. Sitz der kleinen Company ist Hohenstein-Ernstthal. Die Hälfte seiner Mitarbeiter kommt aus dem Ausland, aus Syrien oder Russland.
"Es ist wichtig, dass wir nach außen hin zeigen, dass wir in Sachsen nicht ausländerfeindlich sind", sagt er im Hinblick auf die Wahlergebnisse - und den Stimmenzugewinn der AfD. Gelingt das nicht, werden viele Unternehmen den Standort Sachsen verlassen, ist sich Rutzke sicher.
Für Claudia Jahn-Wolf, Managing Director einer Dresdner Sensortechnik-Schmiede mit 30 Jahren Erfahrung und Kunden in aller Welt, kann sich die Zusammenarbeit mit populistischen Parteien - wie etwa dem BSW - nicht vorstellen. "Wir schauen kritisch drauf, was jetzt passiert."
IHK-Mann denkt an Ministerium für Arbeit und Soziales in Sachsen
Das werden auch die Tech-Riesen des Silicon Saxony. Sie brauchen für die expandierende Halbleiterindustrie bis 2030 rund 20.000 Fachkräfte, die nicht nur - aber auch - aus dem Ausland kommen sollen.
Für Robert Czajkowski (54), Unternehmer und Vorstandssprecher des Vereins "Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen" mit 800 Mitgliedsunternehmen, ist denn auch die größte Herausforderung der sächsischen Wirtschaft die Fachkräftesicherung.
"Wir sind massiv angewiesen auf Zuzug. Unser Wohlstand hängt davon ab", sagt er. Ressentiments gegen Ausländer kann sich Sachsen gar nicht leisten.
Auch für Lukas Rohleder (40), Hauptgeschäftsführer der IHK Dresden mit 97.000 Mitgliedsunternehmen, ist der Fachkräftemangel das aktuell "größte Geschäftsrisiko". Er fordert einen schnellen Zugang von Geflüchteten zum Arbeitsmarkt, mehr Unterstützung für die Kommunen bei der Integration oder eine wirklich gelebte Willkommenskultur.
Und was kann die künftige Landesregierung dazu beitragen? "Zum Beispiel könnte man über einen neuen Zuschnitt der Ministerien nachdenken." Rohleder denkt dabei etwa an ein Ministerium für Arbeit und Soziales. Wie auf Bundesebene.
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