Einkommen, Bildung, Politikwechsel: Von welchen Faktoren die Wahlbeteiligung abhängt
Dresden - Wenn die Sachsen in knapp zwei Wochen ihren Landtag und damit ihre Regierung neu wählen, dann kommt es auch auf die Wahlbeteiligung an. In den vergangenen Jahren war die Gruppe der Nichtwähler bereits so groß wie eine Volkspartei. Wie wirkt sich das aus?
Was zählt schon (m)eine Stimme? Nicht wenige werden sich vor der anstehenden Wahl die Frage stellen, was ihr Kreuz tatsächlich bewirken kann.
Bei der Bundestagswahl 2021 verzichtete rund jeder vierte Wahlberechtigte auf die Stimmabgabe. Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen im Jahr 2019 war es sogar jeder Dritte. Damit ist die Gruppe der Nichtwähler für sich gesehen so groß wie eine Volkspartei.
Die Politikwissenschaft kennt mehrere Umstände, warum Menschen dem Wahllokal fernbleiben. Einer davon ist, dass sie sich für Politik nicht interessieren. Oder sie bezweifeln, mit ihrem Kreuz etwas verändern zu können.
Manche machen ihre Stimmzettel im Wahllokal ungültig - und sehen das als symbolischen Akt, weil sie niemanden für wählbar halten.
Höchste Wahlbeteiligung in den besten Wohngegenden
Die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen, hänge auch von Einkommenshöhe und Bildungsstand ab, meint der Mainzer Politikprofessor Armin Schäfer (49) nach seiner Analyse der Bundestagswahl 2021.
"Es sind immer besonders arme Stadtteile, in denen wenige Wahlberechtigte wählen, und die höchste Wahlbeteiligung findet sich in den besten Wohngegenden", so Schäfer.
Fest steht: Parlamente spiegeln immer nur die Stimmen wider, die wirklich abgegeben wurden und gültig sind. Die gewählten Abgeordneten entscheiden aber über Gesetze, die für alle Menschen im jeweiligen Land gelten.
Je größer also die Gruppe der Nichtwähler ist, umso weniger Menschen bestimmen tatsächlich, welche Parteien die Geschicke des Landes steuern.
Höhere Beteiligung bei Chance auf Politikwechsel
Dass auch wenige Stimmen entscheidend sein können, verdeutlicht folgendes Beispiel:
Im Saarland verpassten die Grünen bei der Landtagswahl 2022 den Einzug in den Landtag, weil ihnen gerade mal 23 Wählerstimmen zum Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde fehlten.
Die Beteiligung fällt insbesondere dann höher aus, wenn eine Wahl als wichtig empfunden werde, so Schäfer. Das sei etwa der Fall, wenn ein Politikwechsel möglich erscheint.
So stieg sie zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang bei der Landratswahl im Thüringer Kreis Sonneberg im Juni 2023 um mehr als zehn Punkte auf knapp 60 Prozent.
In der Stichwahl setzte sich dann der Bewerber der AfD durch und wurde der deutschlandweit erste Landrat seiner Partei.
Titelfoto: Thomas Türpe