Landtagspräsident Dierks seit 100 Tagen im Amt: "Ich stehe für eine Kultur des fairen Streits"
Dresden - Am heutigen Dienstag ist Landtagspräsident Alexander Dierks (37, CDU) 100 Tage im Amt. Eine kurze, aber ereignisreiche Zeit. Wie er sie selbst erlebt und was sich für ihn verändert hat, sagte er im Gespräch mit den TAG24-Redakteuren Pia Lucchesi und Thomas Staudt.
Herr Dierks, bevor man als Landtagspräsident vorgeschlagen, dann gewählt wird, wird man gefragt. Wie läuft so etwas?
Alexander Dierks: Michael Kretschmer und Christian Hartmann sind auf mich zugekommen. Eine große Ehre! Ich habe eine Weile überlegt. Und ich glaube, dass mir der verbindende und moderierende Charakter dieses Amtes durchaus liegt. Kurz: Kompromisse finden, die Vielfalt unterschiedlicher Interessen in der Gesellschaft zum Ausgleich bringen - daran wirke ich gerne mit.
Vom Generalsekretär einer Partei zum Landtagspräsidenten, liegen dazwischen nicht Welten?
Eigentlich nicht. Man sagt immer, der Generalsekretär ist der „Haudrauf“, der Landtagspräsident eher der Vermittler. Aber auch als Generalsekretär geht es darum, inhaltlich und regional auszugleichen, Lösungen mehrheitsfähig zu machen. Insofern ist mir diese Rolle nicht so fremd.
Was haben Sie sich für Ihre Amtszeit vorgenommen?
Es geht darum zu zeigen, dass die Demokratie in der Lage ist, weithin konsensfähige Lösungen zu finden. Ich will deshalb insbesondere mit jungen Menschen ins Gespräch kommen, für die parlamentarische Demokratie werben und deutlich machen, dass es keine vernünftige Alternative zur Demokratie gibt. Ich stehe für eine Kultur des fairen Streits in der Sache und des respektvollen Miteinanders. Die Gespräche zum Doppelhaushalt werden sicher schwierig. Wenn ich in einer herausfordernden Situation vermitteln kann - meine Tür ist offen. Das gilt parteiübergreifend.
Dierks zum Showdown bei MP-Wahl: "Widerspricht guten demokratischen Gepflogenheiten"
Die Zeit nach der Landtagswahl war von Unsicherheit geprägt. Auch die Ministerpräsidentenwahl. Wie haben Sie sie erlebt?
Mit viel Zuversicht! Ich habe mir gesagt, es gibt für Stabilität und Führungsstärke nur ein vernünftiges Ende, nämlich dass Michael Kretschmer wiedergewählt wird. Darüber hinaus konnte der Eindruck entstehen, dass eine politische Kraft das Parlament nicht wirklich ernst nimmt.
Sie spielen auf die AfD an ...
Wenn eine Fraktion bei einer Wahl ihren eigenen Kandidaten überwiegend nicht wählt, dann ist das in meinen Augen eine Fallenstellerei. Das widerspricht guten demokratischen Gepflogenheiten.
Trotzdem ist Michael Kretschmer wiedergewählt worden, aber seine Koalition hat keine Mehrheit. Kann regieren so funktionieren?
Wir erleben eine spannende Zeit. Es wird künftig noch stärker auf den Landtag ankommen: Hier müssen wir über Parteigrenzen hinweg Lösungen und Mehrheiten finden. Dieses offene Diskutieren wird für die Bürgerinnen und Bürger sichtbarer sein. Und es bietet die Chance, größere Teile unserer Gesellschaft in die Willensbildungsprozesse einzubinden.
Ihre Vorgänger waren deutlich älter. Beide hatten einen Großteil ihrer politischen Karriere hinter sich. Das ist bei Ihnen anders. Sehen Sie das Amt als Sprungbrett?
Ich bin angetreten, um diese Aufgabe mit voller Kraft zu erfüllen und zu gestalten. Das Amt ist eine große Herausforderung. Und zugleich eine unheimlich schöne Aufgabe, an der ich sehr viel Freude habe.
Wenn Sie sich für dieses Jahr etwas wünschen dürften, was wäre das?
Dass wir aus diesem Null- und Eins-Modus rauskommen: Es gibt vermeintlich nur noch richtig oder falsch. Das entspricht nicht der Realität. Das ist eine Haltung, die auf Dauer unglücklich macht. Deshalb wünsche ich uns eine gewisse Gelassenheit, viel Optimismus und das Vertrauen, große Herausforderungen mit harter Arbeit auch zu meistern.
Titelfoto: Bildmontage: Holm Helis, Eric Münch