Mittelsachsens Landrat Dirk Neubauer gibt auf: "Weil zu viele den Mund halten"
Freiberg - Vor zwei Jahren übernahm Dirk Neubauer (53, parteilos) das Amt des Landrats Mittelsachsen. Nun kündigt er in einem Beitrag des MDR-Magazins "Fakt" seinen Rücktritt an. Wie geht es also bei dem 53-Jährigen jetzt weiter?
In dem Beitrag, der am heutigen Dienstagabend in der ARD ausgestrahlt wird, spricht Neubauer mit Reporter Felix Seibert-Daiker (41) über die Bürokratie und Überregulierung in Deutschland.
Dabei wird er sehr deutlich: "Ich kann den Irrsinn nicht aushalten." Und erklärt, es sei nicht seine persönliche Sicherheit, die ihn ans Aufhören denken lässt, sondern die Grenzen, an die er in der Kreis- und Kommunalpolitik stößt: "Ich glaube, dass es außerhalb des Systems, also von außerhalb einzuwirken, tatsächlich effizienter ist."
Erst vor einer Woche gab Mittelsachsens Landrat bekannt, dass er aus Hohenfichte, einem Ortsteil von Leubsdorf, weggezogen sei. Grund seien mehrere Drohungen und Kundgebungen der rechtsextremen "Freien Sachsen" in seinem Wohnort, die sich gegen den Landrat richteten. Im Februar wurde sogar das Wohnhaus von Neubauer belagert.
Auf die Frage des Reporters, ob er aufhören wird, antwortet Neubauer: "Ich glaube, ich höre auf." Doch was bedeutet das? Knickt er mitten in seiner Amtszeit ein oder bleibt er noch regulär bis 2029 im Amt?
So geht es in Freiberg weiter
Die Antwort gab der 53-Jährige am heutigen Dienstagnachmittag selbst in einem Live-Video und teilte seinen Rücktritt "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" mit. Ein konkretes Datum für die Neuwahlen soll in der nächsten Kreistagssitzung festgelegt werden. Dieses soll noch in diesem Jahr angesetzt werden.
In über 20 Minuten erklärt Neubauer seine Beweggründe und dass ihm diese Entscheidung nicht leicht gefallen sei. Doch "hier im Amt ist es schwierig. Man muss jeden Tag aufpassen, was man sagt und in welcher Funktion".
Es seien nicht nur die persönlichen Bedrohungen der vergangenen Monate, die sich mittlerweile offenbar nicht nur auf ihn, sondern auch auf seinen persönlichen engsten Kreis ausgeweitet haben. Sondern vor allem die allgemeine politische Stimmung brachte ihn zu diesem Entschluss. "Es ist zu spüren, dass es keinen wirklichen Gestaltungswillen gibt", kritisiert der Landrat.
Außerdem fehlen ihm die Kollegen, die ebenfalls den Mund aufmachen - nicht nur hinter verschlossenen Türen. "Ich bin ein Freund von klaren Worten und ich verbiege mich nicht." Aber er vermisst die Mitstreiter: "Wo ist diese Mehrheit, die es braucht?", fragte Neubauer. "Wo sind die Menschen, die sagen, das geht nicht?"
Zum Ende entschuldigt er sich bei allen, die nun wahrscheinlich von ihm enttäuscht seien. Doch er würde auch nicht ganz von der politischen Bildfläche verschwinden. Wo genau, das werde sich noch zeigen.
Titelfoto: Kristin Schmidt