Kritik an Sachsen-Kampagne gegen Schockanrufe: "Die Tipps kann sich die Polizei sparen!"
Sachsen - Mit der Kampagne "HÖR GENAU HIN! Telefonbetrug kann jeden treffen", mit Plakaten, Flyern und 400.000 Briefen an Rentner will Sachsens Polizei Senioren vor Enkeltricks und Schockanrufen schützen.
Ein Fachmann sieht die Warnung kritisch: "Die Tipps kann sich die Polizei sparen!" Das sagt Kriminalhauptkommissar a.D. Joachim Ludwig (62). 23 Jahre war er bei der Kripo Köln spezialisiert auf "Straftaten zulasten älterer Menschen".
Er verweist auf die bekannte Kriminalpsychologin Lydia Benecke (41): "Widersprechen sich Emotionen und Verstand, gewinnen Emotionen. Viele Tipps funktionieren nicht, wenn es Tätern gelingt, einen Schock auszulösen."
Schockanrufe sind ein Massenphänomen. 2023 richteten Täter in Sachsen 2,2 Millionen Euro Schaden an.
Die Masche: Falscher Polizist/Anwalt/Arzt ruft an und behauptet, ein Verwandter habe einen Menschen totgefahren. Der Verwandte müsse sofort ins Gefängnis - außer, der Angerufene bezahle eine große Summe.
"Wer sich oft sagt, ich könnte das nächste Opfer sein, steigert die Chance, aufzulegen."
Die Polizei rät: Auflegen, wenn ein Gespräch merkwürdig sei, Anrufer Geld fordern oder Druck aufbauen. Kein Geld an Fremde übergeben. Doch Ludwig warnt: "Wenn Anrufer mit Lügen Stress auslösen, ist alle Vorsicht weg."
Der Fachmann rät zur Vorbereitung: "Wer sich oft sagt, ich könnte das nächste Opfer sein, steigert die Chance, aufzulegen." Feste Vertrauensperson bestimmen, der man alle merkwürdigen Gespräche schildert: "Schutz vor Telefonbetrug ist auch eine Frage des Trainings." Zudem: Möglichst wenig Geld zu Hause haben.
Einig ist sich der Ex-Beamte mit der Polizei in einem Punkt: "Im Zweifel oder nach Betrug echte Polizei unter 110 anrufen."
Titelfoto: IMAGO/Oxana Guryanova