Leipzigs Grün spaltet Parteien: Von "Verlust für Mensch" bis "Beschwerden unangebracht"
Leipzig - Am Sonntag wählt Leipzig seinen neuen Stadtrat, der dann für die nächsten fünf Jahre wieder die Interessen der Bürger vertritt. Eines ist ganz klar, das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt die Bürger. Aus diesem Grund hat TAG24 bei den antretenden Parteien mal genauer nachgefragt.
TAG24: Die Baumfäll-Aktion auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz sorgte in der Vergangenheit für viel Kritik. Wie stehen Sie zu den Anschuldigungen der Bürger, dass Leipzig Lebensräume für Tiere vernichtet und nach dem Kahlschlag lediglich "alibimäßig" etwas neues Grün anlegt?
Linke: Am Wilhelm-Leuschner-Platz - so nah an der Innenstadt - war es immer klar, dass dieser Platz keine Brache bleibt. Wir haben sehr lange für einen tragbaren Kompromiss verhandelt. Mit dem Siegerentwurf "Ökotopia" sind wir zufrieden und zuversichtlich, dass die Entwicklung des Platzes im Großen und Ganzen positiv ausgeht.
Grünen: Wir haben die Baumfällungen kritisiert und den Erhalt des Silberahorns am Bowling-Center gefordert, leider ohne Ratsmehrheit. Mit dem wegweisenden Gewinnerentwurf "Ökotopia" wird in Größenordnung Asphalt entsiegelt, Baumbestand erhalten und neues artenreiches Grün geschaffen. Wir haben damit Ausgleichsmaßnahmen vor Baubeginn auf dem mittleren und nördlichen Baufeld durchgesetzt.
SPD: Auf dem Leuschnerplatz entstehen Wissenschaftseinrichtungen und Wohnungen - beides ist wichtig. Dafür mussten leider Bäume gefällt werden, gleichzeitig wird der heute versiegelte Teil vor der Bibliothek begrünt, damit ein Ökotop entsteht. Insgesamt benötigen wir stadtweit viel mehr Baumpflanzungen.
Zwiespalt zwischen Umweltschutz und Baupolitik
AfD: Die Stadt Leipzig pflanzt regelmäßig neues Stadtgrün, weshalb Beschwerden hierüber unangebracht sind. Innerstädtische Brachflächen wie der Wilhelm-Leuschner-Platz müssen in einer lebendigen Stadt entwickelt werden. Die Stadt Leipzig berücksichtigt in ihrer Planung hier mehr als genügend Grünflächen.
FDP: Umweltschutz muss auch Kompromisse gegenüber der Bau- und Verkehrspolitik eingehen. Wir stehen für möglichst naturverträgliche Lösungen. Echter Klimaschutz findet sich in Lösungen zur energetischen Transformation des Gebäudebestandes, der Energieversorgung und der Wasserwirtschaft wieder.
Piraten: Wir teilen die Bedenken der Bürger, dass wertvoller Lebensraum verloren geht. Neues Grün kann das nur schwer kompensieren. Allgemein ist Versiegelung immer ein Verlust für Mensch und Natur, weshalb wir uns für den Erhalt bestehender Grünstrukturen einsetzen wollen.
Bündnis Sahra Wagenknecht: Grünflächen samt Tiere dienen der Erholung und sind grundsätzlich zu erhalten oder angemessen zu ersetzen. Die Bauträger tragen die Kosten, aber die Verantwortung für die Umsetzung sollte bei der Stadt liegen: Gesamtstädtische Planung von Erholungsräumen statt zerstückelter "Rest"-Grünflächen.
Artenerhaltung und Frischluftschneisen: Damit geht der Umweltschutz einher
Die Partei: Damit wieder Bäume wachsen, muss jetzt Leipzig raus aus Sachsen! Und wenn wir dereinst vom Joch der sächsischen Gemeindeordnung befreit sind und alle Amtsschimmelreiter aus den Stuben gefegt haben, dann werdet ihr sehen: Freeeeeeeeeeeeeeeiheit, Freeeeeeeiheeeeiheeeiheeeit, ist das Einzige was zählt!
Freie Wähler: Der rot-rot-grüne Stadtrat hat durch die beschlossene innerstädtische Nachverdichtung bewusst in Kauf genommen, dass viel Grün vernichtet wurde. Wichtige Frischluftschneisen müssen erhalten bleiben. Daher lehnen wir z.B. nicht nur die Bebauung des Bürgerbahnhofes Plagwitz ab, sondern wollen ihn als öffentliche Parkanlage erweitern.
Die CDU äußerte sich auf mehrmalige TAG24-Anfrage nicht zu dem Thema.
Das Thema Nachhaltigkeit ist nur eines von vielen wichtigen Bereichen, die der Stadtrat bespricht. Am 9. Juni kannst Du mit Deinen Stimmen wählen, wer Leipzigs Bürger in allen Belangen vertreten soll.
Titelfoto: Bildmontage: privat; Stadt Leipzig; dpa/Hendrik Schmidt