Dresdner Grüne ärgern AfD mit gekonnt witzigen Plakat-Platzierungen
Dresden - Der Wahlkampf zur Kommunalwahl in Dresden am 9. Juni geht in die heiße Phase! Mittendrin ist dabei auch der Bundestagspolitiker Kassem Taher Saleh (30, Grüne) - selbst in einer verregneten Nacht. TAG24 begleitete den Abgeordneten auf seiner Plakatier-Tour.
Bei nur ganz knapp zweistelligen Temperaturen, ein bisschen Wind sowie ab und zu einem Regenschauer trafen sich am Freitagabend kurz vor Mitternacht zahlreiche Partei-Mitglieder in ihren Büros und bereiteten sich auf eine lange Nachtschicht vor. Seit 0 Uhr dürfen sie Plakate zur Europa- und Kommunalwahl in der Stadt aufhängen.
Einer, der sich nicht zweimal bitten ließ, dabei mitzuhelfen, war der 30 Jahre alte Kassem Taher Saleh, der für Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag sitzt und aus Dresden stammt.
"Das Aufhängen von Wahlplakaten gehört einfach dazu, wenn man Mitglied ist", findet Taher Saleh, während er mit zwei Parteifreunden, die er erst kurz zuvor kennengelernt hat, durch Leubnitz-Neuostra fährt.
Auf ihrem Weg durch die nasskalte Nacht hält das Dreier-Gespann Ausschau nach bekannten Adressen. "Da drüben oder hier vorn wohnt Maximilian Krah von der AfD", erklärt Mirko Rotzsch (53), der das Viertel wie seine Westentasche kennt und auf zwei Häuser am Straßenrand deutet. "Davor hängen wir jetzt unser Demokratie-Plakat auf!"
An anderer Stelle hängen Rotzsch, Taher Saleh und der 25 Jahre alte Manuel Haunschild ein Pappschild mit der Aufschrift "Mach Nazis ein Kreuz durch die Rechnung" über eines der AfD mit dem Slogan "Abschieben schafft Wohnraum". Solche Platzierungen wählen die drei gezielt aus, um ihre Aussagen zu unterstreichen.
Dresden: Wahlplakate dürfen ab jetzt aufgehängt werden
Gewalt auf Plakatier-Tour: "Wurde beschimpft und bedroht"
Bei der Frage, ob dieser Abend eher ein Highlight oder ein notwendiges Übel ist, überlegte Taher Saleh nicht lange: "Ein Highlight", entgegnete er wie aus der Pistole geschossen und begründete: "Man freut sich da drauf, trifft neue Partei-Mitglieder, so wie Manuel gerade, und leistet seinen Beitrag zur Demokratie."
Dass der Bundestagsabgeordnete in der Nacht auch auf Mitglieder anderer Parteien traf, die ebenfalls so früh wie möglich ihre Werbung aufhängten, störte ihn nicht: "Mit allen Demokraten sind wir kollegial", erklärte der 30-Jährige, der zum vierten Mal groß angelegt plakatieren ging. Man lasse sich untereinander in Ruhe seiner Arbeit nachgehen, berichtete er aus der Erfahrung heraus.
Doch es kann auch ganz anders gehen! Nicht alle stehen dem Grünen friedlich gegenüber.
2021 geriet Taher Saleh in eine brenzlige Situation. "Vorm Prohlis-Zentrum ging eine Person auf ein Kamerateam los, das mich während meines Wahlkampfs begleitete, und stieß die Kamera nach unten. Ich bin sofort dazwischengegangen, habe gefragt: 'Was soll denn das? Warum machst Du das?' Daraufhin wurde ich übel beschimpft und bedroht", erinnerte sich der Grünen-Politiker. "Das war schon etwas heikel, ehrlich gesagt." Dem Politiker samt TV-Team blieb nur die Flucht vom Ort des Geschehens.
In dieser vergangenen Nacht blieb es jedoch ruhig bei den Grünen in Dresden-Südost, wie sie ihr Gebiet rings um den Wasaplatz in Strehlen nennen.
Grüne in Dresden gaben 150.000 Euro für Wahlplakate aus
"Das war eine der kürzesten Touren, die ich jemals hatte", freut sich Kassem Taher Saleh. "Wir waren jetzt knapp zwei Stunden unterwegs, hängten zu dritt 20 Plakate auf und hatten insgesamt sechs solcher Teams in den Südost-Stadtteilen."
Noch in der Nacht kehrten ein paar Parteifreunde ins Strehlener Büro zurück und tauschten sich über das gerade Erlebte aus. Bei Wein und Nüssen ließen sie den Abend ruhig ausklingen.
Doch nicht alle konnten die nächtliche Aktion so friedlich beenden: Ein Grüner wurde von einer vierköpfigen Gruppe attackiert, SPD-Mann Matthias Ecke (41) sogar krankenhausreif geprügelt. Er musste noch nachts operiert werden.
In ganz Dresden wurden in der Nacht - und werden noch in den kommenden Tagen - insgesamt 6000 Plakate aufgehängt - allein von den Grünen! Dafür wurden 150.000 Euro in Pappschilder (fast ein Drittel mehr als zur letzten Stadtratswahl vor fünf Jahren) für die in Summe etwas mehr als 100 Kandidaten der Partei investiert.
Titelfoto: Max Patzig (2)