Kein Knattern, kein Abgasgeruch: Bastler fährt voll auf seine Elektro-Simson ab

Hartenstein - Der Tank ist leer, es knattert nichts - und doch rattert eine "Simme" durch die Siedlung: Denn das Kultmoped von Sven Deckert (43) fährt rein elektrisch. Ein Berliner Studenten-Start-up will DDR-Schlitten mit diesen E-Motoren retten. Aber ist es noch dasselbe Fahrgefühl von damals?

Sven Deckert (43) und seine E-Simson. In der abnehmbaren Sitzbank steckt der Akku.  © Ralph Kunz

"Ich bin grundsätzlich ein Fan von Elektrofahrzeugen", nickt Deckert in seiner Einfahrt in Hartenstein (bei Zwickau). Hinter ihm steckt ein ID.7 an einer "Wallbox", die den Solarstrom vom Dach ins E-Auto pumpt.

Die sonnige Woche sei phänomenal gewesen, im Sommer produziert seine Familie sogar mehr Strom als sie braucht. Aber Akkus seien noch zu teuer. Die Wärmepumpe vorm Haus ist wie seine Simson: geräuschlos.

Vor 18 Jahren hat er sie "komplett verbastelt" gekauft. Dem Typenschild nach war sie eine S50B aus dem Jahr 1975. Seitdem habe er eigentlich alles an ihr einmal auseinander- und wieder zusammengebaut. Das letzte Mal vor einem Jahr. Seit 1000 Kilometern fährt der Vertriebler elektrisch.

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Der Umbausatz kam als Komplettset von der Firma "Second Ride". Kosten: knapp 3000 Euro. Der neue E-Motor sitzt da, wo der alte saß, der alte Kolbenschieber gibt noch immer den Takt an. Die ifa-Sitzbank wurde durch einen gepolsterten 1,9 Kilowatt-Akku ersetzt.

Nach fünf Stunden laden fährt man damit 50 Kilometer weit. Wegen der höheren Drehzahl lieferte das Start-up auch eine robustere Kette mit. Beim Umbauen halfen YouTube-Videos. "Flüssigkeiten ablassen dauert eigentlich am längsten", lacht Deckert, der zwei Stunden brauchte.

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TAG24-Reporter Erik Töpfer (25) durfte sie ausprobieren: Das Fahrgefühl ist ein anderes.  © Ralph Kunz

Elektro-Simsons gefragt: Schon über 800 Umbaukits verkauft

"Second Ride"-Chef Carlo Schmid (26) auf einer Schwalbe - natürlich mit E-Motor.  © PR

In Sachsen gibt es knapp ein Dutzend Umbau-Werkstätten. "Aber 80 Prozent unserer Kunden basteln selbst", sagt "Second Ride"-Chef Carlo Schmid (26).

Das fast dreijährige Start-up hat sich der nachhaltigen Verkehrswende verschrieben. Sie retten Simson-S51 und -Roller, Schwalben und die komplette Vogelserie vor der Schrottpresse und halten sie so im "Kreislauf". "Inzwischen haben schon über 800 Umbaukits unsere Hallen verlassen."

Deckerts Warnung, "Vorsicht, Hochstartgefahr!", ist keine Übertreibung - die E-Simson zieht! Auch bergan hält es die erlaubten 60 km/h, die sie fahren darf, weil ihr Rahmen vor 1990 eingetragen wurde.

Stecker und Akku der Elektro-Simson.  © Ralph Kunz

Das Fahrgefühl ist ein anderes: Man hört nur noch die Kette rattern, der Tank vibriert nicht mehr. Kein 2-Takt-Motoren-Sound schnallt Umdrehungen hoch. Dafür aber direkt übersetzte E-Motor-Leistung.

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