Junge Görlitzerin lebt mit seltener Krankheit: "Ich kann essen, soviel ich will"
Görlitz/Dresden - Mehr als 8000 Menschen in Deutschland leben mit Mukoviszidose - eine angeborene, bis heute unheilbare Stoffwechselerkrankung. Eine von ihnen ist Änne-Sofie Rieger aus Görlitz.
Am vergangenen Freitag feierte sie ihren 16. Geburtstag - im Krankenhaus! An der Dresdner Uniklinik ließ sie sich eine Insulinpumpe einstellen, die fortan ihre neue ständige Begleiterin sein wird. Denn Änne-Sofie leidet als Folge ihrer Erkrankung seit sieben Jahren auch an Diabetes, Typ III.
Schon bei der Geburt wurde bei ihr Mukoviszidose diagnostiziert. "Beim Füttern habe ich vor Schmerzen gebrüllt. Der Stuhl in meiner Windel war fettig und flüssig statt fest", erzählt sie. Um die Krankheit in Schach zu halten, muss sie lebenslang täglich 20 Tabletten schlucken. Und viel essen!
"Mein Stoffwechsel ist quasi schneller, als ich essen kann. Ich kann essen, soviel ich will, ohne zuzunehmen." Vollfettbutter statt Margarine, besser kalorienreiches Fast Food und Milchshakes.
Dafür fehlt ihr oft die körperliche Ausdauer - in der Schule beim Sport, zu Hause beim Treppensteigen. "Spätestens im dritten Stock brauche ich eine Verschnaufpause." Durch immer modernere Medikamente besserten sich die Symptome. Auch eine Maske zu tragen, gehörte für sie schon vor Corona zum Alltag.
Die Maske ist ihre Lebensversicherung, weil ihr Immunsystem nicht so stark ist wie bei ihren Klassenkameraden.
Die 16-Jährige möchte jung Mutter werden
Doch ein Leben mit Mukoviszidose ist manchmal wie ein Spießrutenlauf. "In der Schule wurde ich gemobbt. Manchmal war ich richtig froh, wenn ich mich während der Krankenhausaufenthalte oder bei vierwöchigen Kuren in Tannenheim bei Freiburg im Breisgau oder auf der Insel Amrum von Hänseleien erholen konnte."
Aber sie hat durch die Krankheit auch Leidensgenossen und bei einer Kur 2019 ihre inzwischen beste Freundin kennengelernt: "Sie hat auch Mukoviszidose. Deshalb kann ich mich mit ihr auch wie mit niemand anderem darüber unterhalten, was ich durch die Krankheit spüre." Die beiden sind ein Herz und eine Seele: "Wenn wir volljährig geworden sind, wollen wir gemeinsam Urlaub machen - am liebsten in New York."
Für eine Ausstellung im Dresdner Haupt- und Neustädter Bahnhof sollten sich Betroffene so zeichnen, wie sie sich selbst sehen. Änne-Sofie malte sich zweigeteilt - einmal als munterer Teenager, einmal mit Maske an der Infusionsnadel. Auch ihre Wünsche und Lebensziele sollten die kleinen und großen Patienten angeben. "Mein Wunsch ist es, Notfallsanitäterin zu werden", schreibt die Görlitzerin unter ihre Zeichnung.
Dafür sucht sie in ihrer Heimatstadt noch einen Ausbildungsplatz, "denn in Görlitz bei meiner Familie und Freunden möchte ich gern bleiben".
Änne-Sofie weiß, dass sie wegen ihrer Erkrankung wohl früher sterben wird als andere: "Deshalb lebe ich intensiver, nutze jede Minute mit Freunden und möchte jung Mutti werden." Sie weiß auch, dass jeder Zwanzigste als Träger des "Muko-Gens" zwar selber gesund ist, aber die Krankheit übertragen kann.
"Ob mein Mann Gen-Träger ist, das ist mir egal. Ich würde auch ein krankes Kind liebevoll großziehen."
Titelfoto: Privat/Petra Hornig