"Jetzt sind wir am längeren Hebel": Die Stimmen zum Wahlsieg von Michael Kretschmer
Dresden - Am Mittwoch konnte sich Michael Kretschmer (49, CDU) im zweiten Wahlgang gegen seine zwei Mitbewerber durchsetzen und ist damit erneut Ministerpräsident von Sachsen.
Die Linken hatten unmittelbar vor der Wahl erklärt, für den CDU-Kandidaten zu votieren. "Wir gewähren Michael Kretschmer einen Vertrauensvorschuss, stellen aber keinen Blankoscheck aus", erklärte ihre Fraktionschefin Susanne Schaper (46) nach der Abstimmung.
Auch das BSW gewährte dem Christdemokraten einen Vorschuss an Vertrauen und gab ihm Stimmen. Sachsens BSW-Chefin Sabine Zimmermann (64) fordert: "CDU und die SPD müssen jetzt auf uns zukommen. Das ist wichtig. Jetzt sind wir am längeren Hebel."
MP-Kandidat Matthias Berger (56, Freie Wähler) freute sich am Ende des Wahl-Krimis über seine 39 Stimmen im zweiten Wahlgang.
Gleichzeitig bedauerte er schlussendlich den Ausgang der Wahl: "Offensichtlich hat dem Landtag der Mut gefehlt, neue Wege zu gehen. Ich glaube nicht, dass diese Minderheitsregierung lange tragen wird. In Anbetracht der gravierenden Not müssen gewaltige Veränderungen eingeleitet werden. Das sehe ich noch nicht."
AfD-Chef Urban: "Das ist schlecht für Sachsen!"
Franziska Schubert (42) erklärte als Fraktionsvorsitzende der Grünen: "CDU und SPD haben eine 'neue politische Kultur' und eine stärkere Einbindung des Parlamentes angekündigt. Nun werden sie sich an diesen Worten messen lassen müssen. Der Konsultationsmechanismus darf keine Einbahnstraße sein, sondern muss echte Beteiligung ermöglichen – ohne zuzulassen, dass die AfD eine Gestaltungsmacht erlangt."
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Urban (60) analysierte: "Das Wahlergebnis lässt erkennen, dass sich Herr Kretschmer seine notwendigen Stimmen bei der Linkspartei, bei den Grünen und beim Bündnis Sahra Wagenknecht geholt hat. Für diese Unterstützung wird er sich revanchieren müssen. Ich befürchte, dass dies für unsere sächsischen Bürger sehr teuer wird."
Er sieht einen Linksblock: "Der ist schlecht für Sachsen. Außerdem zeigt er die Skrupellosigkeit der CDU. Statt eine bürgerliche Wende einzuleiten, paktiert diese Partei lieber mit Linken.“
AfD scheitert mit Alternativ-Taktik
Die Wahlstrategie von AfD-Chef Urban, um die er zuvor noch ein Geheimnis gemacht hatte, war am Mittwoch offensichtlich.
Im ersten Wahlgang unterstützte seine Fraktion mit voller Kapelle ihren Parteivorsitzenden. Im zweiten Wahlgang schwenkte die Alternative dann um und stimmte mit fast allen Abgeordneten für Matthias Berger.
Die Absicht dahinter war leicht durchschaubar.
Hätten in diesem Wahlgang auch das Gros der BSW-Parlamentarier auf Berger gesetzt, dann hätte es - bei Stimmenthaltungen von Linken und Grünen - eine faustdicke Überraschung und einen Ministerpräsidenten namens Matthias Berger gegeben.
Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch