Ist Sachsens Ernte in Gefahr? Bauern geben Prognose für dieses Jahr
Hirschstein/Dresden - Zäher Winter, frostiges Frühjahr: Lang anhaltende Extremwetterlagen sorgten bei den sächsischen Obst- und Weinbauern bereits für enorme Verluste, gestalten die diesjährige Ernte weiterhin zu einem Glücksspiel.
Beim Ernte-Auftakt im Milch-Center "Dorfheimat" in Hirschstein-Prausitz (Landkreis Meißen) am Freitag wurde dennoch glücklich verkündet: Sachsens Ernte fällt zumindest durchschnittlich aus. Außerdem schreitet die Entbürokratisierung der Landwirtschaft voran.
Wenn es warm wird, droht Käferbefall. Kommt es nachts zu Frost, drohen die Blüten zu sterben.
"Bauern gelten unter sich als größte Spekulanten. Wir hoffen, dass es keine lokale Wetterkatastrophe mehr geben wird, und lassen uns die Freude über unsere Ernte nicht nehmen", gab sich Torsten Krawczyk (48), Sachsens langjähriger Landesbauernpräsident, gestern verhalten optimistisch. Erst kürzlich wurde er zum Vizepräsidenten des Deutschen Bauernverbandes ernannt.
Krawczyk erwartet eine durchschnittliche Ernte in Sachsen. Mehr als das sei nicht zu packen - schon jetzt fange das Jahr der Bauern wegen der Qualität der Böden und der Art der angebauten Feldfrüchte früh an und höre spät auf.
Noch mehr als das Wetter bereitet den Bauern zudem der aktuelle Markt Sorgenfalten. Der Ausbruch des Ukraine-Krieges habe zwar für einen unvergleichlichen Anstieg speziell der Getreidepreise gesorgt, doch nun spitze sich die Lage weiter zu.
"Volle Lager, niedrige Marktpreise und Verkaufszwang zerstören unsere heimischen Betriebe", beschreibt Krawczyk die Konsequenzen der Nähe zu unseren östlichen Nachbarn.
Bürokratie und Nachhaltigkeit: "Landwirte sollen Höfe bestellen, nicht Aktenschränke"
Auch die Klimakrise haben Sachsens Landwirte im Blick. Fortlaufend werde schon jetzt auf nachhaltige Produktion umgestellt.
Allerdings müsse dabei jeder Betrieb individuell betrachtet werden, betont Krawczyk: "Wir brauchen einen Kompromiss zwischen Ökonomie und Ökologie. Viele Betriebe haben ihre Visionen zum nachhaltigen Arbeiten umgesetzt, andere müssen unterstützt werden."
Gisela Reetz (54), Staatssekretärin für Umwelt und Landwirtschaft, brachte zum Ernte-Auftakt erste Resultate der geforderten Entbürokratisierung von Landwirtschaft mit: "Die Antragstellung für Fördergelder ist um eine automatische Fehlerrückmeldung erweitert. Die Arbeit an den Schnittstellen zwischen Branche und Ämtern läuft voran."
Reetz etwas pathetisch: "Insgesamt sollen Landwirte ihre Höfe bestellen und nicht die Aktenschränke." Wer würde da widersprechen ...
Die sächsischen Landwirte beackern in diesem Wirtschaftsjahr rund 702.846 Hektar Ackerland. Davon entfallen rund 366.100 Hektar auf den Getreideanbau.
Titelfoto: Petra Hornig