In der Corona-Falle: Wie lange hält Sachsen das noch aus?
Dresden - Der Ton wird schärfer: Nachdem immer mehr Lockerungen in der Corona-Pandemie kassiert werden, nehmen Aktionen gegen Schulschließungen, Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen zu. Im Zusammenhang mit den 13 Impfzentren im Freistaat hat das sächsische Innenministerium 15 Straftaten registriert. Wohin steuert Sachsen?
Montagvormittag, Sächsische Staatskanzlei, Dresden: In der Nähe des Eingangs liegen Schuhe, ein Fußball, Plüschtiere. Kinder haben Plakate gemalt.
"Ich will in die Schule", ist unter anderem zu lesen. Der bunte "Altar" knüpft nahtlos an die Proteste, vor allem im Erzgebirge, an (TAG24 berichtete). Ministerpräsident Michael Kretschmer (45, CDU) kommt dazu, spricht mit den beiden Initiatorinnen, zwei jungen Müttern aus Radeburg.
"Ich kann das gut nachvollziehen. Kinder leiden besonders unter dem Corona-Alltag", postet der Regierungs-Chef später auf Facebook.
Andere Proteste bleiben nicht so friedlich. So verzeichnete das sächsische Innenministerium einen Anstieg von Versammlungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, "angespannte Umgangsformen", "vermehrt aggressiv verbale Äußerungen" und 15 Straftaten gegen Impfzentren, überwiegend Sachbeschädigungen.
Die Aufmärsche an der B96 bei Bautzen, die "Querdenken"-Demos, der mittlerweile ausufernde Streit um Schulöffnungen mit dem Brandbrief erzgebirgischer Bürgermeister in der vergangenen Woche formen ein Bild, das mehr als nur nachdenklich stimmt.
Ministerpräsident setzt auf strikte Maßnahmen und auf Dialog
"Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo der soziale und gesellschaftliche Zusammenhalt nicht nur gefährdet ist, sondern an einem Scheideweg steht", so der Delitzscher Bürgermeister Manfred Wilde (58, parteilos) gestern in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten und zieht Vergleiche zur Situation von 1989 in der DDR.
Und Kretschmer?
Der Ministerpräsident setzt nach wie vor auf strikte Corona-Maßnahmen - und auf Dialog. Nicht nur mit Müttern.
Er unterhält sich mit Wirtschaftsvertretern, Medizinern, Ladenbesitzern. Heute diskutiert er in einer Zoom-Konferenz mit Elternvertretern, heißt es aus der Staatskanzlei. Sind er und die Staatsregierung auf dem Holzweg?
Bert Wendsche (57), Präsident des sächsischen Städte- und Gemeindetags (SSG): "Die Fortsetzung der Lockdown-Politik ist nicht der richtige Weg", so Wendsche gestern.
Klare Forderung: Schulen und Kitas müssen geöffnet bleiben. Gleiches gilt für Handel, Dienstleistungen, Vereine oder Kirchen. "Die Menschen brauchen dringend eine verlässliche Perspektive, die über einen vagen Ausblick auf den Sommer hinausgeht.“
Titelfoto: Facebook Screenshot / Michael Kretschmer