Aus und vorbei: In Sachsens ältestem Schnapsladen fließt der letzte Tropfen
Bischofswerda - Sag zum Abschied leise Prost: Wie TAG24 berichtete, muss das Spirituosengeschäft "F. G. Francke" seine Pforten schließen - nach 229 Jahren in "Schiebock". Seit 1795 verkaufte der Laden Geselligkeit. Folgerichtig lud die letzte F. G. Francke auf einen allerletzten Tropfen.
"Wir sind in einer Zeit angekommen, in der wir unser Geschäft bei reichlicher Überlegung schließen", sagte Ur-Ur-Ur-Enkelin Fanny Gesine Francke (50) und schluckt. Obwohl der Umsatz gleich blieb, werden Energie, Versicherung aber auch die Waren immer teurer.
Beispiel: Die schottischen Whiskeyexporte nach Deutschland seien seit Corona um knapp ein Drittel eingebrochen. Auf einem Milliardenmarkt wie diesem eine gigantische Summe.
Händler könnten die gestiegenen Kosten nicht auf Kunden umlegen. "Ich kann einen 7-Euro-Wein nicht für 9,90 verkaufen. Weil er das einfach nicht wert ist."
Einen guten Umsatz konnte man sich hier gut vorstellen: Knapp 150 Menschen drückten sich ein letztes Mal durch den kleinen Eckladen, genossen Weine wie Butter Scotch Longdrinks bei Käse, Oliven und House-Musik von DJ noirman.
Vom Schnaps zum Deutschunterricht
"Persönlichkeiten wie die Franckes wachsen nicht nach", sagte Geschäftspartner Hagen Schmidt (55). Für den Weinlieferanten stehe schon lange in Aussicht, dass sich der Einzelhandel stark verändere. "Keine schöne Entwicklung."
Bürgermeister Holm Große (57, parteilos) will das nicht aufgeben: "Wir haben was zusammen bewegt und werden auch weiter bewegen."
Einem kam die Entwicklung doch gelegen: Bodo Lehnig (65), Ex-Schulleiter des Goethe-Gymnasiums. Während der Pandemie lernte er Fanny kennen, holte die studierte Germanistin als Nachhilfekraft für Ukraine-Flüchtlinge. "Und dann haben wir uns lange unterhalten", grinst er.
Die letzte F.G. Francke wird nun Deutschlehrerin. Und wenn auch der Laden schließt, behält sie das 229 Jahre alte Gewerbe an erster Stelle im Handelsregister. Ein Schelm, wer an Rückkehr dabei denkt ...
Titelfoto: Eric Münch