Hinter Gittern: Sachsen baut erstes Therapiezentrum für Gefangene

Dresden - Der Bedarf an Therapien im Justizvollzug ist riesig. Dem soll ein neues Therapiezentrum in der Haftanstalt der Landeshauptstadt Rechnung tragen. Es wäre das erste separate Therapiegebäude für Gefangene in Sachsen.

Dresdens Gefängnis am Hammerweg: Hinter den hohen Mauern soll jetzt Sachsens erstes Therapiezentrum für Häftlinge gebaut werden.
Dresdens Gefängnis am Hammerweg: Hinter den hohen Mauern soll jetzt Sachsens erstes Therapiezentrum für Häftlinge gebaut werden.  © Jürgen M. Schulter

Entstehen soll das eingeschossige Gebäude auf der einzigen freien Fläche an der nordwestlichen Ecke des Gefängnisareals. Gesamtkosten, Baustart und weitere Details sind noch nicht geklärt.

"Wir befinden uns hier noch in einer sehr frühen Planungsphase", teilte die verantwortliche Planungsbehörde, das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB), auf TAG24-Anfrage mit.

Therapien hinter Gittern gehören in Sachsen zum Gefängnisalltag.

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In Dresden sind aktuell rund 20 Angebote im Programm - Anti-Gewalt- und Opferempathie-Trainings oder ein Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter etwa.

Daneben gibt es auch Yoga, Meditation, Musiktherapie und Bildungskurse.

"Die spezifischen Behandlungsangebote stellen sicher, dass jede oder jeder Gefangene die Chance auf eine erfolgreiche Resozialisierung bekommt", sagt Justizministerin Katja Meier (44, Grüne).

Sachsens Justizministerin Katja Meier (44, Grüne).
Sachsens Justizministerin Katja Meier (44, Grüne).  © DPA/Robert Michael
Für viele Gefangene ist die "Verschiebung" per Häftlingstransport lange die einzige legale Art, die abgeschlossene Welt hinter Gittern zu verlassen.
Für viele Gefangene ist die "Verschiebung" per Häftlingstransport lange die einzige legale Art, die abgeschlossene Welt hinter Gittern zu verlassen.  © DPA/Robert Michael

Ohne Behandlung von Verhaltensmustern besteht Rückfallgefahr

Rund 730 Straftäter sitzen derzeit im Dresdner Gefängnis ein. Einsamkeit und Haftrealität nagen oft auch an der Psyche der Insassen.
Rund 730 Straftäter sitzen derzeit im Dresdner Gefängnis ein. Einsamkeit und Haftrealität nagen oft auch an der Psyche der Insassen.  © DPA / Marjan Murat

Bedarf hat jeder Strafgefangene, "weil seiner Straffälligkeit kriminogene Faktoren zugrunde liegen", sagt Anstaltssprecherin Anja Rücker (40):

Sprich: Ohne Behandlung fataler Verhaltensmuster ist die Gefahr, dass Gefangene in ihr kriminelle "Laufbahn" zurückfallen, höher.

Zudem ist die Suizidrate unter Häftlingen besonders hoch. Laut einer Statistik des Europarates lag sie in deutschen Gefängnissen bei 129, bei der Wohnbevölkerung dagegen bei 11,4 pro 100.000.

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Für alle der über 3000 Strafgefangenen in den zehn sächsischen Haftanstalten - in Dresden sind es derzeit rund 730 - gibt es Vollzugs- und Eingliederungspläne, die ständig aktualisiert werden.

Um die Therapien kümmern sich insgesamt 177 Sozialpädagogen, Psychologen und Kunsttherapeuten, nicht alle in Vollzeit. Zehn sollen es im neuen Therapiezentrum Dresden sein. Wann es gebaut wird, hängt von den Haushaltsverhandlungen ab. Sie beginnen Anfang nächsten Jahres.

Normalerweise berichtet TAG24 nicht über mögliche Suizide. Da es sich um einen geplanten Neubau handelt, für den auch die hohe Suizidrate im Gefängnis ursächlich ist, hat sich die Redaktion entschieden, es zu thematisieren.
Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Titelfoto: DPA / Marjan Murat

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