Heuschrecken-Invasion in sächsischer Gartensparte: Kleingärtner völlig verzweifelt
Seidewinkel (Oberlausitz) - In ein Wäldchen nahe Seidewinkel eingebettet, hatte sich der Kleingartenverein "Waldidyll" seinen Namen jahrzehntelang redlich verdient. Jetzt sind die 28 Gärten in der Nähe von Hoyerswerda wie ausgestorben. Denn vor einigen Tagen wurde die Sparte von einer unerklärlichen Heuschreckenplage heimgesucht.
Der Weg zur Datsche von Siegmund Organistka (72) ist schwarz vor Insekten. Schritt für Schritt fliegen Hunderte Heuschrecken auf.
"Die Invasion begann vor drei Wochen", berichtet der Chef der Laubenkolonie in eine Wolke aus Insekten gehüllt. "Wenn Regen ist oder Wind, sind die plötzlich spurlos verschwunden. Aber sie kommen wieder ..."
Der biblische Appetit der Heuschrecken zerstörte mittlerweile die gesamte Ernte: Kartoffeln, Tomaten, Rettich, selbst die Hortensien, die Tulpen und die Hecke - alles weggefressen.
Seit 1969 werden hier Gärten bewirtschaftet, seit 1990 ist der Verein eingetragen, erzählt der Chef: "Noch nie ist so etwas vorgefallen. Die Biester fliegen auch ins Essen, in die Getränke, in die Haare. Man schleppt sie in die Häuser, findet sie in der Kleidung. Viele meiner Nachbarn, die hier den Sommer verbringen wollten, sind schon wieder weg."
Darunter auch sein Stellvertreter. "Man kann sich einfach nicht gegen die Heuschrecken wehren", schüttelt Christian Kühne (56) resignierend den Kopf. "Schauen wir, was von den Gärten übrig bleibt."
Heuschrecken übernehmen Gartensparte
Heuschrecken-Plage im "Waldidyll": Niemand weiß, woher sie kommen und was sie wollen
Die Millionen Plagegeister sind mittlerweile als "Italienische Schönschrecke" identifiziert worden.
Lange Zeit auf der Roten Liste für bedrohte Arten, konnte sie sich in den letzten 15 Jahren in Sachsen wieder ausbreiten. Weiterhin gilt sie als gefährdet, darf nicht bekämpft werden. Zudem profitiert das Insekt vom Klimawandel.
"Vermutlich waren die Entwicklungsbedingungen an dieser Stelle besonders gut", sucht ein Sprecher des Landratsamtes Bautzen nach Erklärungen. Ein Weibchen legt dabei rund 500 Eier. Sind die Bedingungen günstig (heiß und feucht), schlüpfen mehrere Hundert Heuschrecken.
Ebenso unklar ist, woher der Schwarm kam, wann er wieder verschwindet. "Ein Kammerjäger sagte mir, die bleiben nur zwei Wochen. Ein Förster meint, die bleiben bis September", sagt Organistka ungewiss.
Seine Ernte hat er ohnehin schon abgeschrieben ...
Titelfoto: Montage: Steffen Füssel