Helme, Schutzwesten, Waffen: Sachsens Polizei muss Ausrüstung an Ukraine abtreten
Dresden - Sachsens Polizei trennt sich von einem Teil ihrer Spezialausrüstung. Auf Anweisung des Innenministeriums sollen 150 ballistische Helme und 150 Schutzwesten kurzfristig in die Ukraine geliefert werden. Die bislang vertraulich gehandelte Aktion ist intern umstritten - auch Waffenlieferungen sind im Gespräch.
Es ist die sogenannte "LebEL"-Ausrüstung, von der sich ganze Diensteinheiten jetzt trennen müssen. Die Abkürzung steht für lebensbedrohliche Einsatzlagen.
Ausgerüstet sind die Beamten unter anderem mit ballistischen Spezialhelmen (Armour Source) und Plattenträger-Westen (Mehler C6 Amok), speziell der höchsten Schutzklasse "SK4+".
Rund 60 dieser Spezialausrüstungen musste allein die Bereitschaftspolizei dem bislang geheimen Ukraine-Projekt des Innenministeriums beisteuern, wie TAG24 aus dem Präsidium erfuhr.
Dabei handelt es sich allerdings nicht um die personengebundene Ausrüstung der Spezialtruppen, wie etwa der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten, sondern um die sogenannte Pool-Ausrüstung. Diese dient auch für Trainingszwecke und Lehrgänge.
Ukraine-Projekt bislang geheim - auch Gewerkschaften kennen es nicht
Intern hagelt es deshalb Kritik an der selbst für die Polizeiführung überraschenden Ukraine-Aktion. Grund: Wegen der fehlenden Ausrüstung müssen Lehrgänge auf unbestimmte Zeit ausfallen.
"Jeder sächsische Polizist im operativen Dienst muss so einen dreitägigen LebEL-Grundlehrgang machen, wo er auch lernt, diese schwere Ausrüstung anzulegen", erklärt Cathleen Martin (48), Landes-Chefin der Polizeigewerkschaft DPolG. Anschließend gebe es jährliche Auffrischungen.
Bis zur Anfrage von TAG24 war beiden Polizeigewerkschaften, DPolG und GdP, das Ukraine-Projekt des Ministeriums nicht bekannt. Die anderen 90 LebEL-Sets wurden aus den Polizeidirektionen und von der Polizeihochschule abgezogen.
Gehen auch Maschinenpistolen ins Kriegsgebiet?
Wie TAG24 weiter erfuhr, werden in mehreren Polizeirevieren aktuell die alten "SK2"-Schutzwesten eilig eingesammelt. Laut Gewerkschafterin Martin sollten die eigentlich erst zur Jahresmitte durch "SK4" ersetzt werden.
Offenbar wird der Austausch nun vorgezogen, um auch die alten, eigentlich zur Entsorgung vorgesehenen Westen in die Ukraine schicken zu können.
In einer internen Runde der Polizeiführung war zudem im Gespräch, die alten MP5-Maschinenpistolen der Reviere ins Kriegsgebiet zu schicken.
Sachsens Innenministerium bestätigte die Ukraine-Aktion auf Anfrage zwar, hält sich zu den Details aber bedeckt. Unter anderem blieb die Frage von TAG24, ob auch Waffen geliefert werden sollen, unbeantwortet.
"Das Sächsische Staatsministerium des Innern haben auch Anfragen zur Unterstützung der Zivilschutzkräfte in der Ukraine - unter anderem mit Schutzwesten und Helmen - erreicht. Derzeit wird geprüft, ob, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist", heißt es in einer Erklärung.
Dass die Ausrüstung bereits eingesammelt wird, steht nicht im Statement des Ministeriums.
Titelfoto: Montage: Hendrik Schmidt/dpa + Diego Herrera/dpa