"Haus Schminke" in Sachsen: Einmal übernachten im "Nudeldampfer"

Löbau - Nachts im Museum! Wer hat davon noch nicht geträumt - auch als Erwachsener! Der Löbauer "Nudeldampfer" ist dafür extrem geeignet, obwohl dieses historische Haus so ganz anders ist: transparent statt düster, filigran statt trutzig, zukunftsweisend statt gestrig.

Das Museum, in dem man wohnen kann: "Haus Schminke" in Löbau.
Das Museum, in dem man wohnen kann: "Haus Schminke" in Löbau.  © Holm Helis

"In der Küche steht auch eine Pastamaschine", sagt die Leiterin des Hauses, Julia Bojaryn (41), schmunzelnd und hat mit einem Satz gleich ein paar Besonderheiten aufgezählt.

Erstens: In diesem Museum darf gekocht und gegessen werden. Zweitens: Hier darf man mit Freunden oder der Familie tafeln. Drittens: Der "Dampfer" hält die Erinnerung an jene lebendig, für die das Haus 1932/33 gebaut wurde, nämlich die Familie des Nudelfabrikanten Schminke.

Womit sie eigentlich auch gleich bei viertens ist. Der modernen, liberalen Gesinnung Schminkes, ohne die nichts so stehen würde. Dieser Geist, den Architekt Hans Scharoun (1893-1972) genial umsetzte, ist es auch, der nicht nur Architekturfans nach Löbau pilgern lässt.

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Umso erstaunlicher, dass dieses Denkmal angemietet werden kann. "Wir generieren damit auch Einnahmen", gesteht die gelernte Bauingenieurin Bojaryn.

"Vor allem aber ist damit für Leben gesorgt. Denn der 'Dampfer' war nie ein abgeschottetes Refugium. Die Bauherren führten ein offenes Haus. Schon die Kinder der Familie durften in einer für die damalige Zeit sehr lockeren Art rein- und raustoben."

Kinder und "Titanic"-Fans kommen im Haus Schminke auf ihre Kosten

Das ehemalige Elternschlafzimmer darf mitgenutzt werden.
Das ehemalige Elternschlafzimmer darf mitgenutzt werden.  © Holm Helis
Im Volksmund heißt das Haus "Nudeldampfer". Runde Fenster unterstreichen die Schiffsarchitektur.
Im Volksmund heißt das Haus "Nudeldampfer". Runde Fenster unterstreichen die Schiffsarchitektur.  © Holm Helis

Davon zeugen noch immer die originale Spielecke, flache kindgerechte Fenster, bunte, runde Fenstergläser - alles auch für kleine Gäste heute nutzbar. "Bis zu zwölf Leute können hier schlafen. Es gibt sieben Betten, fünf Aufbettungen sind möglich", so die heutige Chefin des Hauses.

Der Clou: Die Aufbettungen sind Stahlrohr-Liegen, die überall hingestellt werden können. Am schönsten liegt's sich jedoch im ehemaligen Elternschlafzimmer.

Wer aus dem Fenster schaut, wähnt sich auf einer Kommandobrücke. Und beim Tritt auf die vorgelagerte Terrasse stellt mancher die berühmte "Titanic"-Filmszene mit Kate Winslet und Leonardo di Caprio nach.

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Insgesamt gibt es 480 Quadratmeter Nutzfläche. "Der Basispreis beträgt 250 Euro die Nacht. Darin sind bereits zwei Personen enthalten. Jede weitere Person zahlt 60 Euro. Jede Aufbettung schlägt mit 30 Euro zu Buche", so Bojaryn.

Küche trumpft mit raffinierten Einbauten auf

Die Küche mit all ihren Details darf ebenfalls genutzt werden.
Die Küche mit all ihren Details darf ebenfalls genutzt werden.  © Holm Helis
Hausleiterin Julia Bojaryn (41) zeigt die Raffinessen der Küche.
Hausleiterin Julia Bojaryn (41) zeigt die Raffinessen der Küche.  © Holm Helis

Zurück zur Küche. Die strotzt vor raffinierten Einbauten à la 1932. Sei es die Armtürklinke oder Antifliegen-Beläge! Gegessen wird dann am Panoramafenster. Oder, wenn es das Wetter zulässt, im Park. Gern am Teich, unter den Bäumen der Streuobstwiese oder auf einer der Terrassen.

Wermutstropfen: 2022 ist ausgebucht. Dafür gibt es genügend freie Kapazitäten für "normale" Besuche. Tagsüber geöffnet ist donnerstags bis sonntags 12 bis 17 Uhr (letzter Einlass 15.45 Uhr). Der Park steht da auch offen.

Und dank stabilem WLAN gibt es jetzt einen tollen Multimedia-Guide.

Hans Scharoun war ein Meister der Moderne

Schminke-Tochter Helga Zumpfe mit Architekt Hans Scharoun.
Schminke-Tochter Helga Zumpfe mit Architekt Hans Scharoun.  © Akademie der Künste/Hans-Scharoun-Sammlung/Birkhäuser Verlag/dpa

Architekt Hans Scharoun (1893-1972) hat als maßgeblicher Vertreter der "organischen Architektur" neben dem "Haus Schminke" weitere beachtliche Bauten geschaffen, die noch immer zu sehen sind.

Zum Beispiel das Ledigenheim von 1929 im heutigen Wrocław (Breslau). Die supermoderne Wohnanlage für Singles ist inzwischen ein Hotel.

Ebenfalls für Singles entstanden im Berlin dieser Jahre Appartementanlagen (Kaiserdamm, Hohenzollerndamm) oder Mietwohnungen (Siemensstadt) - alle mit gerundeten Balkonen als sein Markenzeichen.

Auch zur berühmten Stuttgarter Weißenhofsiedlung von 1927 steuerte er ein Haus bei.

Sein bekanntestes Nachkriegsprojekt ist das Ensemble aus Philharmonie, Kammermusiksaal und Staatsbibliothek im ehemaligen West-Berlin.

Titelfoto: Holm Helis

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