Gewaltstraftaten auf Rekordniveau, aber: "Sachsen ist eines der sichersten Bundesländer"
Dresden - Auch wenn die Kriminalitätslage annähernd auf dem Vorjahresniveau bleibt: Die Kinder- und Jugendkriminalität macht den Sicherheitsbehörden zu schaffen. Ob bei der Gewalt- oder der politischen Kriminalität, immer öfter muss sich die Polizei mit Kindern und Jugendlichen herumschlagen. Nun soll die Wissenschaft klären, ob eine Veränderung des Strafrechts sinnvoll wäre.

Insgesamt stieg die Zahl der Straftaten in Sachsen um 1,4 Prozent: "Sachsen ist eines der sichersten Bundesländer", sagt Innenminister Armin Schuster (63, CDU) bei der Vorstellung der "Polizeilichen Kriminalstatistik" (PKS).
Doch ein genauerer Blick bereitet Sorgen: "Wir haben einen alarmierenden Anstieg der Gewaltkriminalität. Es sind immer mehr Kinder unter den Tatverdächtigen, und da geht es immer mehr um Gewalt."
Als Gewaltkriminalität wird alles oberhalb der einfachen Körperverletzung - das heißt: schwere, gefährliche Körperverletzung bis hin zu Mord - erfasst. Lediglich bei den versuchten bzw. vollendeten Tötungsdelikten gab es einen Rückgang.
2023 gab es 84 Fälle von (versuchtem oder tatsächlichem) Totschlag, Mord oder Tötung auf Verlangen, davon 27 Fälle vollendet. Im vergangenen Jahr gab es 54 Fälle, davon 22 vollendet.
Demgegenüber schoss die Zahl der schweren und gefährlichen Körperverletzungen von 6896 auf 7370 Fälle in die Höhe. "Das spricht dafür, dass die Verrohung im gesellschaftlichen Umgang miteinander zunimmt", so der Innenminister.

Mehr Gewalt bei Kindern und Jugendlichen

"Es handelt sich um einen Höchststand der letzten zehn Jahre", sagt Sonja Penzel (52), Präsidentin des LKA. "Mehrheitlich geht die Gewalt von Erwachsenen aus, der Anteil der erwachsenen Tatverdächtigen geht aber zurück und liegt heute noch rund bei zwei Drittel."
So zeigt sich, dass bei den Jugendlichen die Gewaltkriminalität nach Ladendiebstahl das zweithäufigste Delikt ist, bei Kindern kommt sie an vierter Stelle. Dabei steigt sowohl der Anteil der deutschen als auch der nichtdeutschen Tatverdächtigen, Letzterer jedoch stärker.
Selbst in der politisch motivierten Kriminalität, die mit 8009 Taten einen neuen Höchststand aufweist, nimmt die Zahl von Kindern und Jugendlichen erheblich zu: 2524 tatverdächtigen Erwachsenen standen 635 Heranwachsende, 166 Kinder und 1001 Jugendliche gegenüber.
"Wir haben mit der Soko Rex die Jugendcliquen stark ins Visier genommen", sagt Schuster. "Ich bin froh, dass wir einen Rädelsführer aus dem Verkehr ziehen konnten ...". Gemeint ist "Elblandrevolte"-Chef Finley P. (18).
"Das sächsische Justizministerium will eine Studie in Auftrag geben", kündigt der Innenminister an. Dabei soll untersucht werden, wie und ob das Jugendrecht geändert werden solle. Schon jetzt plädiert Schuster dafür, dass bei über 18-Jährigen das Jugendstrafrecht nur noch in Ausnahmefällen gelten soll.
Titelfoto: Eric Hofmann