GDL bekommt neuen Chef: Polter-Sachse Weselsky nimmt den letzten Zug
Leipzig - Seine Auftritte im breitesten Sächsisch ließen bei Vorständen und Kunden der Bahn gleichermaßen das Blut in den Adern gefrieren: Claus Weselsky (65), Chef der Lokführergewerkschaft GDL, geht nach unzähligen Arbeitskämpfen in den Ruhestand.
Lügner, Nieten, Vollpfosten - das Repertoire an Beleidigungen für Bosse ist groß bei Claus Weselsky. In gut 16 Jahren als Vorsitzender ging der "Einheizer aus Sachsen" meist seinen eigenen Weg, unbeirrt - und oft mit schonungsloser Härte.
Die Bahn-Vorstände waren für ihn in Arbeitskämpfen mal "Nieten in Nadelstreifen", dann wieder sprach er von "abgehobenen Managern im Bahntower", die keine Ahnung hätten, wie man Eisenbahnen organisiere. Bei der GDL ist alles auf den 65-Jährigen zugeschnitten. In der Regel spricht nur er vor den Kameras. Seinen Stellvertretern bleibt nur: daneben stehen und finster dreinschauen.
Die meisten Mitglieder vertrauten seinem Verhandlungsgeschick. "Clausi-Mausi" richte das schon, hieß es in der letzten Bahn-Tarifrunde. Weselsky war selbst lange Lokführer, davor Schlosser. Als linker Popstar der Arbeiterklasse eignet er sich als CDU-Mitglied aber nur bedingt.
Seit Montag tagt das höchste Organ der GDL, die sogenannte Generalversammlung, in Weselskys Geburtsstadt Dresden. Es ist die letzte große Bühne für ihn - danach geht er in den Ruhestand. Abseits der Kameras kann Weselsky auch weniger krawallig sein. Nahbar, freundlich und sogar humorvoll tritt er dann auf. Und kann stundenlang erzählen, auch über die Ferienwohnung im Spreewald, wo er sich zur Ruhe setzen will.
Weselsky geht in den Ruhestand
Die Lokführergewerkschaft wird aber in sächsischen Händen bleiben. Designierter Nachfolger ist der bisherige Bundes-Vize Mario Reiß (58). Wie Weselsky ist auch er gebürtiger Sachse. Der gelernte Schienenfahrzeugschlosser und Lokführer ist seit rund zwei Jahren stellvertretender Bundesvorsitzender der GDL.
Der gebürtige Torgauer gilt zwar als etwas zurückhaltender als sein langjähriger Chef, hat dessen konfrontativen Kurs aber stets mitgetragen.
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