Freiberger Forscher sehen Abraumhalden als Schatzkammern
Freiberg - Wenn China den Hahn zudreht, dreht auch Sachsen wirtschaftlich am Rad. Um bei den für die Glasfasertechnik oder die Halbleiterindustrie wichtigen (Halb-)Metallen Gallium und Germanium unabhängiger zu werden, wollen Freiberger Forscher das Potenzial von Abraumhalden nutzen.
"Wir sind kein rohstoffarmes Land", sagt Martin Bertau (54), Direktor des Instituts für Technische Chemie der Bergakademie Freiberg. Die Vorkommen liegen sozusagen auf Halde.
Gallium etwa komme in höherer Konzentration in Bauxit vor, dem Grundstoff für Aluminium. Bei dessen Herstellung bleibt Rotschlamm übrig, der auf Deponien landet wie der des einst größten europäischen Aluminiumwerks in Lauta (Kreis Bautzen).
"Wir wollen ein Pilotprojekt entwickeln und arbeiten an einer Machbarkeitsstudie", erklärt Sylvio Piatke von der Stabsstelle Strukturwandel im Rathaus der Stadt. Die Idee sei, den Rotschlamm komplett zu verwerten, als Baustoff etwa.
Kreislaufwirtschaft ist ganz im Sinne der neuen sächsischen Rohstoffstrategie. "Das spart Material und Energie und macht uns unabhängiger von Rohstoffimporten aus dem Ausland", sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (49, SPD) in der vergangenen Woche.
Produktionsabfälle sollen Sachsen weniger abhängig von China machen
Wie wichtig das ist, zeigt die Ausfuhrkontrolle von Gallium und Germanium durch die chinesischen Behörden. Der Preis habe sich seit Sommer außerhalb Chinas um 30 bis 40 Prozent erhöht, sagt Stefan Eichler von Compound Materials.
Das Unternehmen aus Freiberg mit 350 Beschäftigten züchtet Kristalle aus Galliumarsenid, die zu Wafern für die Halbleiterindustrie verarbeitet und in Smartphones verbaut werden.
Um Gallium und Germanium aus Produktionsrückständen und Halden zu gewinnen, setzen die Forscher auf Mikroorganismen sowie Pflanzen, die die Stoffe herauslösen und anreichern.
"Mit solchen an der Bergakademie entwickelten Verfahren, lassen sich Versorgungsprobleme für strategisch wichtige Metalle elegant verringern", so Rektor Klaus-Dieter Barbknecht (65).
Titelfoto: dpa/Hendrik Schmidt